Die am Samstag in Brest beginnende Tour de France könnte wie im Vorjahr zu einem slowenischen Zweikampf werden. Denn Titelverteidiger Tadej Pogacar und Primoz Roglic gelten nach ihrer bisher bärenstarken Saison mit mehreren Siegen als Topfavoriten. Der im Vorjahr entthronte Ineos-Rennstall will aber mit Geraint Thomas, Richie Porte und Richard Carapaz dagegenhalten. Auch einige wenige andere wie Rigoberto Uran kommen für das Podium infrage.
Aufgrund des diesmal nicht so stark berglastigen Parcours darf sich auch Frankreichs Hoffnungsträger Julian Alaphilippe etwas ausrechnen. Das gilt jedoch nicht für den vierfachen Tour-Champ Chris Froome, der sich noch immer nicht von seinen schweren Sturzverletzungen von 2019 erholt hat. Der Brite wurde zuletzt immer wieder früh abgehängt, im Team Israel-Startup ist der frühere Sky-Dominator quasi nur als Aufputz dabei, für Glanzlichter soll Michael Woods sorgen.
Österreicher hoffen auf Etappensiege
Auf Etappenerfolge gehen indes die Österreicher los. Patrick Konrad und Lukas Pöstlberger sind im Bora-Team aber hauptsächlich als Helfer für den Podestplatzanwärter Wilco Kelderman und Sprinter Peter Sagan eingespannt, werden aber auch Freiheiten für Eigeninitiativen bekommen. Das gilt auch für Marco Haller als Leitwolf im zuletzt sehr erfolgreichen Bahrain-Tross. Der vierte ÖRV-Profi im erlesenen Tourfeld ist der im Frühjahr stark gefahrene Michael Gogl aus dem Qhubeka-Rennstall.
Während Gogl im Vorfeld mit Knieproblemen zu kämpfen hatte, können Haller, Konrad und der 2020 nach einem Bienenstich ausgeschiedene Pöstlberger sorgenfrei in die Tour starten. Pöstlberger zeigte sich zuletzt bei der Dauphine-Rundfahrt mit einem Etappensieg und mehrtägiger Gesamtführung in hervorragender Verfassung.
Konrad voller Selbstvertrauen
Aber auch Konrad reist nach Gesamtplatz zwölf beim Tour-Test und als frisch gebackener Staatsmeister voller Selbstvertrauen zum Auftakt in die windanfällige Bretagne. "Ich bin gut drauf, die Form passt. Ich hoffe, dass ich während der Tour noch ein bisschen dazulegen kann", betonte Konrad im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Der Niederösterreicher, der beim Giro schon zweimal in die Top Ten gekommen ist, will neben seiner Rolle als wichtiger Helfer für Kelderman auch auf eigene Kappe fahren. "Ich werde meine Chance auf der einen oder anderen Etappe suchen. Ein Sieg ist das Traumszenario", so der 29-Jährige.
Dass er nicht als Co-Kapitän aufgeboten wird, um im Gesamtklassement mitzufahren, sei für ihn in Ordnung. "Natürlich wäre die Gesamtwertung auch interessant gewesen, ich habe schon oft bewiesen, dass ich das gut kann. Aber jetzt ist es eben etwas Neues, da bin ich auch sehr motiviert. Ich habe gut trainiert, regeneriert und bin froh, dass es endlich losgeht", so Konrad, der seine dritte Tour bestreitet. 2019 hatte es auch aufgrund von zwei Stürzen nicht mit dem erhofften Spitzenplatz geklappt. Die hohen Tour-Ziele von Bora mit Kelderman, dem Punktetrikot für Sagan und Etappensiegen seien aufgrund der Mannschaftsstärke durchaus realistisch, bekräftigte Konrad.
Unantastbare Slowenen?
Die Topfavoriten sind aber Pogacar und Roglic, die heuer teilweise unantastbar waren. Der 22-jährige Pogacar verfügt im UAE-Team nicht über so viele bärenstarke Helfer wie sein fast zehn Jahre älterer Landsmann bei Jumbo. Das hat ihn im Vorjahr aber auch nicht vom Sieg abgehalten, indem er Roglic am vorletzten Tag im Bergzeitfahren völlig überraschend noch abfing. Diesmal hat Roglic aber nicht nur seinen Landsmann auf der Rechnung. "Es gibt einige Jungs, die superstark sind und gewinnen können, es ist nicht nur ein Kampf zwischen Tadej und mir", meinte Roglic vor dem hügeligen Auftakt in der Bretagne, auf den einige Flachetappen folgen.
In die höheren Berge geht es erst am zweiten Wochenende. Als erster großer Höhepunkt wartet später die zweimalige Überquerung des berühmt-berüchtigten Mont Ventoux (11. Etappe), das Ziel befindet sich aber im Tal. Bergankünfte gibt es diesmal nur in Tignes (9.) sowie in den Pyrenäen am Col du Portet (17.) und in Luz Ardiden (18.). Die endgültige Entscheidung dürfte erst das zweite Einzelzeitfahren am vorletzten Tag bringen.
Team-"Blasen" und Tests
Wie bei der 2020 erst im Frühherbst ausgetragenen Auflage wird es auch heuer wieder Corona-Einschränkungen geben. Regelmäßige Tests, Aufenthalt in den Team-"Blasen" und Maskenpflicht gehören mittlerweile zum Rennfahreralltag. Zuschauer sind in den Start- und Zielorten nur beschränkt zugelassen, an der Strecke dürfte es aufgrund von Lockerungen aber wieder voller werden.