Wenn sich eine Türe schließt, sagt Marco Haller mit seiner gewohnten Lockerheit, würde sich eine andere öffnen. „In meinem Fall war es ein Tor.“ Ab kommender Saison wird er für das Tudor Pro Cycling Team und nicht mehr für Red Bull fahren. Der Vertrag des erfahrenen Berufsradfahrers wurde nicht mehr verlängert. Drei Jahre ist er für die deutsche Equipe gefahren, die erst vor der Tour de France mit Red Bull einen neuen Namens- und Geldgeber gefunden hatte. Erhalten hatte Haller die Hiobsbotschaft schon Anfang Juni. Am Tag, nachdem Primož Roglič an seiner Seite das Critérium du Dauphiné gewonnen hatte, wurde dem Kärntner mitgeteilt, dass er keine Zukunft mehr im Team von Ralph Denk hat. Die Tour, es war seine neunte, fuhr er anschließend solide zu Ende, ohne sich etwas anmerken zu lassen. „Ich habe einige gute Gespräche mit Teams geführt und eines gefunden, in dem ich mehr als nur ein Radfahrer bin. Ich kann meine Expertise einbringen und sehe dort auch eine Zukunft für die Zeit nach meiner aktiven Karriere.“
Tudor Pro Cycling Team ist eine Schweizer Equipe, die das zweite Jahr mit einer Lizenz der Pro-Tour, der zweithöchsten Ebene, fährt und heuer unter anderem auch den Giro d‘Italia bestritten hat. Federführend ist bei diesem Projekt auch Fabian Cancellara, einer der charismatischsten und erfolgreichsten Profis der jüngeren Geschichte. „Wir haben uns auch bei den Olympischen Spielen in Paris getroffen und immer, wenn wir uns sehen, haben wir gute Unterhaltungen. Er war es auch, der mir die Verbindung hergestellt hat.“ Tudor – die Schwesterfirma der Uhrenmarke Rolex – ist der Sponsor des von Raphael Meyer geführten Rennstalls: „Marco wird eine großartige Ergänzung des Teams sein. Er ist ein Fahrer, den wir schon seit einiger Zeit im Auge haben und jemand, auf den wir uns verlassen können.“ Das Team entstand aus der Swiss Racing Academy und will junge (eidgenössische) Fahrer an die Weltspitze bringen. Erst vor wenigen Tagen haben die Schweizer mit Marc Hirschi (UAE) und Fabian Lienhard (FDJ) zwei weitere erfahrene Profis als Neuzugänge mit dem Jahreswechsel vorgestellt.
Haller soll vor allem im Klassiker-Team eine gewichtige Rolle spielen und die waren die große Spezialität Cancellaras – drei Mal gewann er Flandern und drei Mal Roubaix. „Ich will auch die Rolle eines Mentors einnehmen, der die jungen Fahrer unterstützt. Das Team kauft nicht nur einfach große Namen ein, sondern baut eine Basis auf. Da will ich die Schnittstelle zwischen den Fahrern und dem Management sein.“ Und wenn sich noch eine Tour-Teilnahme ausgeht, nimmt Haller sie auch mit. „Ich habe sportlich gesehen meinen Traum mit neun Touren und 30 Klassikern schon erfüllen können. Aber ich freue mich auf alles, was noch kommt. Und vielleicht wird es ja noch eine zehnte Tour de France.“ Der Vertrag läuft bis 2026.