Die 15. Paralympics, die Spiele der körperlich behinderten Sportler, werden heute Abend im Maracana-Stadion feierlich eröffnet (23 Uhr, ORF Sport+ live). Die Behinderung der Athleten kann dabei Amputationen der Gliedmaßen verschiedenen Grades, Sehschwächen bis zur Blindheit, Querschnittlähmung und mehr umfassen. 23 Sommersportarten, erstmals sind Para-Triathlon und Para-Kanu dabei, stehen in elf Tagen auf dem Programm. Da jede Sportart in unterschiedliche Disziplinen aufgeteilt ist und diese wiederum in verschiedene Behinderungsklassen, wird es rund 530 Medaillenentscheidungen geben.
Viel Arbeit, aber wenig Beachtung
Einen Wermutstropfen gibt es aber: Obwohl die Paralympics mittlerweile die drittgrößte weltweite Sportveranstaltung sind - hinter der Fußball-WM und den Olympischen Spielen -, finden sie weitaus weniger Beachtung. Dabei sind nicht nur Trainingsaufwand und -intensität, oft unter erschwerten Bedingungen, ähnlich denen der Unversehrten. Vereinzelt ist es den körperlich Behinderten auch bereits gelungen, auf der größeren Bühne der Olympischen Spiele aufzuzeigen.
Bekanntestes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit ist Oscar Pistorius. Der Südafrikaner, dem aufgrund einer Fehlbildung im Alter von elf Monaten beide Beine unterhalb der Knie amputiert wurden, erhielt die Erlaubnis, mit Prothesen bei Olympia zu starten. Im ersten Anlauf für die Spiele 2008 in Peking verpasste er noch das Limit, in London 2012 war er aber dabei und wurde mit der 4x400-Meter-Staffel Achter. Das weitere Schicksal des Südafrikaners nahm allerdings mit der Tötung seiner Freundin eine tragische Wende, der Fall ist immer noch nicht abgeschlossen.
Aber schon 1984 nahm mit Paralympics-Siegerin Neroli Fairhall eine andere Sportlerin an Olympia teil - die querschnittgelähmte Bogenschützin wurde damals 35. Erfolgreicher war der gehörlose südafrikanische Schwimmer Terence Parkin, der 2000 in Sydney über 200 Meter Brust Silber gewann und im selben Jahr noch zwei weitere Silberne bei der Kurzbahn-WM erschwamm. Die Besonderheit: Parkin war nie als Athlet bei den Paralympics. Und er war nicht der erste gehörlose Sportler bei Olympia, denn das war schon 1928 der italienische Boxer Carlo Orlandi.
Es gibt aber auch Sportler, die überhaupt „zweigleisig“ fahren, etwa die polnische Tischtennisspielerin Natalia Partyka. Sie kam ohne rechten Unteram auf die Welt, war sowohl bei den vergangenen vier Paralympics dabei, ist auch in Rio an der Platte und auch bei den vergangenen drei Olympischen Spielen.
Ein österreichischer Tischtennisspieler hat ebenfalls Erfolge bei den Nichtbehinderten gefeiert: Paralympics-Teilnehmer Stanislaw Fraczyk, der an Kinderlähmung erkrankte, wurde 13 Mal polnischer Staatsmeister (drei Mal im Einzel) bei den Nichtbehinderten. 1980 kam er nach Österreich und holte weitere zwölf Staatsmeistertitel (zwei im Einzel). Bei der Senioren-WM 2014 gab es Gold. Und bei den Paralympics kürte er sich zwei Mal (1996, 2004) zum Sieger, zwei Mal (2000, 2012) gab es Silber.
Markus Rehm springt weiter
Dass die Paralympics-Athleten durchaus mit Nichtbehinderten mithalten können, beweist auch der Deutsche Markus Rehm, dessen rechter Unterschenkel nach einem Wakeboard-Unfall amputiert werden musste. Seine persönliche Bestweite im Weitsprung, zugleich Weltrekord, beträgt 8,40 Meter. Zum Vergleich: Weitsprung-Olympiasieger Jeff Henderson kam heuer in Rio bei seinem Sieg auf 8,38 Meter.
Bei Rehm wie bei Pistorius sorgte aber eine Frage für Diskussionen: Bringen Prothesen durch ihre mechanische Unterstützung sogar Vorteile? Rehm wurde etwa wegen der Prothese nicht bei Olympia zugelassen. Klar ist: Die Leistungen, die die paralympischen Athleten erbringen, sind ähnlich einzustufen wie die der Nichtbehinderten.