Im Finale des Stabhochsprung-Bewerbs zeigte sich das brasilianische Publikum wieder einmal von seiner äußerst schlechten Seite. Als sich Lokalmatador Thiago da Silva und der französische Weltrekordler Renaud Lavillenie einen packenden Zweikampf um Gold lieferten, pfiff das Publikum den Franzosen, der das Duell schlussendlich verlor, gnadenlos aus.

Als Betrachter des unsportlichen Szenarios wurde man Zeuge, wie der olympische Geist zu Grabe getragen wurde. Bei der Siegerehrung tags darauf wurde Lavillenie dann derart laut ausgebuht, dass ihm sogar die Tränen kamen und Da Silva versuchte, die Fans mit beschwichtigenden Gesten zu beruhigen. Auch, wenn sein Vergleich ("1936 waren die Leute gegen Jesse Owens, seitdem haben wir so etwas nicht mehr erlebt") ebenso unpassend war (und für den er sich später auch entschuldigte), darf so etwas nicht passieren. 

"Die Menge hat mich etwas zu viel bejubelt", sagte da Silva. "Ich musste mich auf die Technik konzentrieren und es vergessen", gestand sogar Da Silva. Doch das braslianische Publikum ist dermaßen Parteiisch, wie man es bei Olympischen Spielen bis dato noch nicht gesehen hat.

"Wir müssen das zu Ende bringen!"

Im Gegensatz dazu war eine unglaubliche Geste im Vorlauf der Frauen über die 5000 Meter eine echte Wohltat. Nachdem Nikki Hamblin zu Sturz gekommen war, stolperte Abbey D'Agostino über die Neuseeländerin drüber. Doch die Amerikanerin erfing sich wieder und rief zu Hamblin: "Komm hcoh. Wir müssen ins Ziel laufen. Das sind die Olympischen Spiele, wir müssen das zu Ende bringen."

D'Agostino kann nicht mehr stehen, Hamblin hilft ihr
D'Agostino kann nicht mehr stehen, Hamblin hilft ihr © APA/AFP/JOHANNES EISELE

Beim Versuch, wieder aufzustehen, schaffte es D'Agostino aber nicht mehr auf die Beine. Sie hatte sich das Knie verdreht - wie sich später herausstellte, ein Kreuzbandriss. Und so half ihr nun Hamblin - sie stützte ihre Kontrahentin und so überquerten sie mit zwei Minuten Rückstand auf die Vorlaufsiegerin gemeinsam die Ziellinie.

Nach dem Rennen musste D'Agostino mit dem Rollstuhl abtransportiert werden
Nach dem Rennen musste D'Agostino mit dem Rollstuhl abtransportiert werden © AP

Das perfekte Ende: Aufgrund einer Sturzregel zogen beide Läuferinnen dennoch in das Finale am Samstag ein. "Ich bin Abbey so dankbar dafür, dass sie mir geholfen hat", sagte Hamblin nach dem Rennen: "Sie hat den olympischen Geist bewiesen. Ich bin davon so beeindruckt und inspiriert." Ob D'Agostino jedoch im Finale starten kann, ist eher unwahrscheinlich.