Wie groß ist Ihre Freude angesichts der ersten österreichischen Olympia-Medaille seit 2008?
PETER SCHRÖCKSNADEL: Das freut mich sehr, die Medaille signalisiert einen Fortschritt, aber drei Medaillen waren auch drin. Die Segelklassen, auf die wir gesetzt hätten (49er, 470er), haben nichts gewonnen. Ich bin froh, aber nicht zufrieden.
Man könnte jetzt bereits Bilanz ziehen. Wie zufrieden sind Sie im Allgemeinen mit diesen Sommerspielen?
SCHRÖCKSNADEL: Mit den Jungen - Hofmann, Graf, Lobnig, Unterwurzacher - bin ich es, aber nicht mit manchen Arrivierten, da fehlte mir der Biss, da bin ich enttäuscht. Das gilt für die Beachvolleyballer: Wie können die mit mehr Förderung (Doppler/Horst) weniger gut spielen als die anderen (Huber/Seidl)? Im Tischtennis war es anders, da waren die Sportler nervös.
Was ist das Grundproblem?
SCHRÖCKSNADEL: Du musst dir Killer erziehen, die im richtigen Moment da sind. Einen Psychologen braucht es dafür nicht, ich halte nichts von Psychologen. Ein Olympiasieger braucht keinen Psychologen, nur die in der Mitte (der Ergebnisliste, Anm.) haben einen.
Wie könnte der Weg nach oben im Spitzensport aussehen?
SCHRÖCKSNADEL: Du musst Zellen schaffen und um die herum etwas aufbauen. Eine Gruppe, nicht Einzelsportler unterstützen - so wie im Segeln oder im Schießen. Die Leute brauchen Konkurrenz, um besser zu werden.
Der Anspruch unserer Sportler reduziert sich oftmals darauf, nur dabeizusein.
SCHRÖCKSNADEL: Das Limit allein reicht nicht für Medaillen. Vielleicht muss man das hinaufsetzen, denn Medaillen müssen unser Ziel sein.
Wäre es eine Idee, nur Sportler mit Finalchance mitzunehmen.
SCHRÖCKSNADEL: Das wäre ein Ansatz - oder, wie im Schwimmen, zumindest das Semifinale.
Was halten Sie vom neuen Sportminister Hans Peter Doskozil, der erst ein halbes Jahr im Amt ist?
SCHRÖCKSNADEL: Ein Macher, das zeigt sein Auftreten in der Flüchtlingsthematik.
Er will den Sport neu strukturieren, auch die Postenvergabe im Sport geriet zuletzt in die Kritik.
SCHRÖCKSNADEL: Spitzensport darf nichts für Versorgungsposten sein. Schließlich geht es um ein Produkt, das ich verkaufen will.
Wenn man, wie Sie meinten, bereits über die Spiele in Rio hinausdenkt: Von wievielen Medaillen darf Österreich im Sommersport träumen?
SCHRÖCKSNADEL: Sechs bis acht halte ich durchaus für möglich, warum nicht? Judo, Schießen, Segeln, Kanu, da gibt es viele Möglichkeiten. Man muss halt daran glauben.
Was halten Sie von dem Vorschlag des Sportministers, alles zu zentralisieren?
SCHRÖCKSNADEL: Das ist genau meine Meinung. Bislang ist es doch so: Alle ziehen aus einem Topf, da kann nichts rauskommen. Man muss Ziele formulieren und fragen: Was will ich? Nur Dabeisein? Oder doch mehr?
Der Sportminister regte an, vielleicht nicht mehr alle und für Österreich nicht erfolgsversprechende Sportarten zu besetzen.
SCHRÖCKSNADEL: Was hilft es mir, wenn wir mit Mountainbiken einen für das Land typischen Sport haben, aber keine Athleten. Im Klettern hätten wir die zum Beispiel.
Als Sie, ein Wintersportler, dieses Amt der Förderverteilung im Sommersport übernahmen - hätten Sie sich das Ganze leichter vorgestellt?
SCHRÖCKSNADEL: Nein. Aber der Sommersport ist im Gegensatz zu uns zu sehr von der Politik abhängig.
Braucht man mehr Geld, um besser arbeiten zu können?
SCHRÖCKSNADEL: Nein, davon ist genug da. Aber man muss es richtig verteilen, eine Lehmschicht abschöpfen, um wieder ohne Widerstände arbeiten zu können.
Was für einen Zeitraum stellen Sie sich vor?
SCHRÖCKSNADEL: In vier bis sechs Jahren muss das funktionieren.
Sie standen maßgeblich für das Projekt Rio, das 20 Mio. Euro in vier Jahren verteilte. Geht es mit Ihnen weiter?
SCHRÖCKSNADEL: Das Projekt muss fortgesetzt werden. Aber nein, meine Tätigkeit endet jetzt, ich sorge nur mehr für die geordnete Übergabe des Projekt Rio.
Olympische Spiele 2026 könnten die nächste Herausforderung sein, der Sportminister führte Innsbruck als möglichen Schauplatz an. Was denken Sie darüber?
SCHRÖCKSNADEL: Warum nicht? Das wäre eine gute Idee! Man müsste es halt anders machen als bisher: Es kann nicht sein, dass Vertreter vom Veranstalterort (Innsbruck, Anm.) selbst zum Internationalen OIympischen Komitee gehen, dass muss offiziell über das Österreichische Olympische Komitee laufen.
Interview: Florian Madl