Robson Conceicao, Olympiasieger im Leichtgewichts-Boxen (60 kg), steht stellvertretend für die brasilianischen Underdogs aus den Favelas. Wie Judoka Rafaela Silva, die Gold in der Klasse bis 57 kg gewann, ließ auch er widrige Umstände hinter sich. "All die Energie und Entschlossenheit, die ich in den Ring bringe, stammt aus meiner Herkunft", sagte der neue Volksheld.
Der heute 27-jährige Conceicao musste schon als Kind arbeiten. In einem Problemviertel in Salvador aufgewachsen, packte Conceicao an, wo er konnte, um sein eigenes Überleben in ärmsten Verhältnissen zu sichern. Er half seiner Großmutter ab 4 Uhr beim Gemüseverkauf auf der Straße. Nach dem Schulende verdingte er sich als Eisverkäufer am Strand.
"Der Überlebende"
Nicht umsonst nennt sich der dritte Goldmedaillengewinner vom aktuellen Olympia-Gastgeber Brasilien selbst "Survivor", der Überlebende. Von einer gleichnamigen Rockband stammt auch der meistgespielte Boxer-Song aller Zeiten: "Eye of the Tiger", der Hit aus dem dritten Teil des Boxer-Epos' "Rocky".
Andere Sportler hatten als Kind die üblichen Stars der Szene als Idole. Conceicao fand sein "Vorbild" in der Familie. Ein Onkel, der als notorischer Raufbold berüchtigt war und zur Karnevalszeit wiederholt mit sichtbaren Blessuren der körperlichen Auseinandersetzungen heimkehrte, imponierte ihm. "Manchmal nahm er es mit vier oder fünf Mann gleichzeitig auf. Und er setzte sich immer durch", sagt Conceicao, der von seiner Mutter und Großmutter großgezogen wurde.
Bandagen aus dem Krankenhaus
Als Heranwachsender konnte sich Conceicao nicht mal die Bandagen leisten. Doch sein bester Freund heckte einen listigen Plan aus. Der Boxer in spe ging demnach ins Spital und simulierte eine Verletzung am Arm. Aus dem Verband, der ihm umgewickelt wurde, bastelte er seine Bandagen für Training und Sparring. Die Laufbahn des damals 12-Jährigen war in die Wege geleitet.
Auf dem Weg zu Gold räumte Conceicao mit der Energie seiner Herkunft im Halbfinale den dreifachen kubanischen Weltmeister Lazaro Alvarez aus dem Weg. Im Finale setzte sich der WM-Dritte von 2015 und WM-Zweite von 2013 dann gegen den Franzosen Sofiane Oumiha ungefährdet mit einem einstimmigen Punktsieg durch.
Gläubiger Christ
Noch im Ring ging der gläubige Christ nach der Urteilsverkündung und dem Gold-Triumph auf die Knie. Und die rund 6.000 Zuschauer in der voll besetzten Halle tobten in Ekstase. Als er vom Ring herunterkletterte, küsste er seine kleine Tochter und seine Partnerin Erika Mattos, die ebenfalls Faustkämpferin ist. "Ich habe mich in den eineinhalb Wochen des Boxturnier vollkommen fokussiert und mich von nichts ablenken lassen", sagte er.