Man glaubt Michael Phelps, wenn er nun vom endgültigen Ende seiner Karriere spricht. Vor vier Jahren bei den Spielen in London hatten wir diese Situation schon einmal, und die Zweifel an seinem Abschied waren berechtigt. Sein vor gut zwei Jahren gestartetes Comeback hat sich aber ausgezahlt. Die Gefahr des Scheiterns und sich sein eigenes Denkmal zu beschädigen, hat Phelps bravourös abgewehrt.
Wie eh und je pflügte der 31-Jährige auch in Rio de Janeiro durch das olympische Becken, ein letztes Mal am Samstag (Ortszeit) 100 m Delfin lang mit der siegreichen US-Lagenstaffel. Mit fünf Goldenen und einer Silbernen schnitt Phelps noch besser ab als 2012 in der englischen Hauptstadt, das Einstellen der Marke von Athen 2004 verhinderte nur ein 21-jähriger junger Mann aus Singapur namens Joseph Schooling über 100 m Delfin.
Dessen überlegener Sieg mit exakt einer dreiviertel Sekunde Vorsprung auf Phelps mag ihm auch Warnung sein, sollte er in den nächsten Monaten vielleicht doch noch mit einer erneuten Rückkehr in die Schwimmbecken dieser Welt spekulieren. Schooling kam nicht aus dem Nichts, doch sein Erfolg war überraschend. Als 35-Jähriger 2020 in Tokio hätte Phelps ein viel größeres Risiko, dass da noch der eine oder andere mehr kommt. Und das hat er nicht nötig.
"Diese meine fünften Spiele waren viel emotionaler als meine ersten,", erklärte Phelps bei der Pressekonferenz nach der letzten Finalsession, "da ich auf meine Karriere zurückblicken konnte und gesehen habe, was ich erreicht habe. Es war eine Herausforderung, wieder auf dieses Niveau zurückzukommen. Aber das war jetzt die Kirsche auf dem Kuchen, die ich wollte. Ich könnte nicht glücklicher damit sein, wie sich die Dinge entwickelt haben."
Ledecky neuer Star
Nach Phelps' Abtritt bleibt den US-Amerikanern und allen Schwimm-Fans auf dieser Welt Katie Ledecky, die sie künftig mit ihren Anfeuerungen von Erfolg zu Erfolg treiben können. Mit 15 Jahren hatte sie schon einmal Gold und damit eines mehr als Phelps nach seinen ersten Spielen in diesem Alter 2000 in Sydney. Ledecky war damals gerade einmal drei Jahre alt. Nach seinen zweiten Spielen hielt Phelps bei sechs Siegen, seine Landsfrau nun bei deren fünf.
Wenn jemand zuzutrauen ist, Phelps' Rekordmarke von 23 olympischen Goldenen und 28 Medaillen zu übertreffen, dann derzeit am ehesten der 19-Jährigen. Der im Aquatics Stadium der brasilianischen Hauptstadt viermal erfolgreich gebliebene Jungstar liegt nun 18 Titel hinter dem weitaus erfolgreichsten Olympioniken der Geschichte zurück, der seine Olympia-Medaillen zwischen 2004 bis 2012 eingeheimst hat.
Ledecky allerdings ist zuzutrauen, dass sie sich auch für diese Distanz unverzichtbar macht. In den vergangenen vier Jahren hat sie ihr Portfolio schon um die 200 m erfolgreich erweitert, besiegte da nun alle Spezialistinnen. Den Bogen auch noch zu den 100 m Kraul zu spannen, scheint unwahrscheinlich. Viel eher mag sie die eine oder andere Disziplin in einer anderen Lage dazunehmen. Die Spiele 2020 werden zeigen, ob ihr Weg dahin geht, wo Phelps auf sie wartet.