Geboren wurde sie in der berüchtigten Favela Cidade de Deus, nun ist sie Brasiliens erste Olympiasiegerin in Rio: Die Judoka Rafaela Silva musste viel einstecken und kämpfte sich zum Erfolg. Einer ihrer ersten Gedanken nach dem Sieg am Montag gehörte den Menschen in der Favela. "Ich denke, dass sie jetzt meine Angehörigen feiern werden, die nicht das Geld hatten, um hierher zu kommen."
Brasiliens erste Olympiasiegerin der Rio-Spiele ist nur gut zehn Kilometer vom Olympiapark entfernt geboren, in der Favela Cidade de Deus. Das Viertel wurde durch das Drama "City of God" (2002) über Freundschaft, Leben und Sterben berühmt. Schon 2013 war Silva in Rio Weltmeisterin geworden, nun macht sie vor den Augen ihrer Familie und von Tausenden Brasilianern ihren Traum wahr. Bei der Nationalhymne vergoss Silva Tränen der Freude.
Sieg ist eine gute Genugtuung
Für die 24-Jährige ist der Sieg eine Genugtuung - denn es gab auch schwierige Phasen in ihrer Karriere. Nachdem sie 2012 in London disqualifiziert worden war, musste sie heftige und teils rassistische Anfeindungen ertragen. "Diese Medaille ist für alle, die mich kritisiert haben und gesagt haben, dass ich die Schande meiner Familie sei, dass ich nicht in der Lage sei, bei Olympia zu bestehen", verkündet sie nun trotzig.
Schon vor Beginn der Spiele hatte Silva erklärt: "Ich bin sehr stolz, weil ich nicht nur mein Land repräsentiere, sondern auch die Favela." Unter Tränen richtet die junge Frau mit der Zahnspange und den dunklen Locken dann noch einen Appell an die Menschen in der Favela: "Meine Botschaft für sie ist, dass man seine Träume verfolgen muss. Wenn man einen Traum hat und dafür kämpft, kann man es schaffen."
Mit 16 war sie Junioren-Weltmeisterin
Mit acht Jahren hatte Silva mit dem Judo im Instituto Reacao angefangen, ein Sozialprojekt in den Favelas, das heute an fünf Stützpunkten 1.200 Kinder und Jugendliche fördert. "Mein Vater wollte nicht, dass ich auf der Straße rumhänge." Mit 16 wurde sie Junioren-Weltmeisterin. Gegründet wurde das Instituto Reacao von dem Judo-Bronzemedaillengewinner von Athen, Flavio Canto. Und hier schließt sich der Kreis: Nach dem Sieg umarmten sich beide weinend.
Vielleicht hilft Silvas Triumph auch ein wenig, eine durch die jüngsten politischen Turbulenzen gespaltene Nation etwas zu einen. Ausgerechnet eine Schwarze, sind doch in der neuen Mitte-Rechts-Regierung von Michel Temer nur weiße Männer. In den sozialen Netzwerken überschlugen sich die positiven Reaktionen. Temer selbst nannte Silva eine "Kriegerin".