Die 470er-Seglerinnen Lara Vadlau/Jolanta Ogar zählen bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro zum engsten Kreis der Titelanwärterinnen. Die zweifachen Ex-Weltmeisterinnen und aktuellen WM-Dritten sowie Europameisterinnen werden bei Druck erst richtig gut, versichern sie. Die ersten Wettfahrten sind für Mittwoch angesetzt.

Warum es ein Vorteil ist, wenn die Kärntner Steuerfrau Vadlau am besten grantig ist, und was ihr von klein auf von den Eltern mit auf den Weg gegeben wurde, erzählte sie im Interview.

Sie galten in jüngsten Jahren schon als Riesentalent und jetzt als harte Arbeiterin. Wie viel macht was davon heute aus?

Vadlau: "Ich habe das Glück, Talent zu haben. Und mit harter Arbeit kann man auf das Talent noch ein Extraplus raufgeben. Aber ohne harte Arbeit geht überhaupt nichts mehr auf dem Level. Mit 16 war der Schlusspunkt, wo das Talent mir noch geholfen hat, aber von da an gab es nur Vollgas. Ich sage immer so: du musst extrem hart arbeiten, damit dann im richtigen Moment der Landeplatz fürs Glücksvogerl richtig groß ist. Wir haben in den vier Jahren versucht, diesen Landeplatz möglichst groß zu machen. Mit viel harter Arbeit, dass dann das Glücksvogerl den sogar blind findet. Und jetzt schauen wir, wie groß der Landeplatz ist."

Druck macht uns nichts aus, wir brauchen ihn, sagen Sie immer wieder. Klingt abgebrüht. Sind Sie so cool?

Vadlau: "Wir brauchen Druck und dieses Feeling, um zu performen. Die Erfahreneren geben uns den Tipp, Olympia muss wie eine Clubregatta sein. Aber wir sind nicht so Segler. Für uns geht das nicht. Wir müssen dieses Gefühl spüren, diese Schmetterlinge im Bauch. Wir müssen drei-, viermal aufs Klo gehen am Tag. Ich bin damit groß geworden, ich habe früh gelernt, mit Druck umzugehen. Wir wissen, wie viel harte Arbeit da drinnen steckt. Auf wie viel wir verzichtet haben. Auf Schokolade, nur um ein Beispiel zu nennen (lacht). Von dem her ist der Druck am größten von uns selbst."

Man kann bei der ersten Wettfahrt alles verlieren, aber nicht gewinnen. Wie gehen Sie das an?

Vadlau: "Wir finden bei jeder Regatta unseren Ablauf, der ist immer gleich. Jeden Tag. Es fängt beim Aufstehen über Frühstück an, alles ist gleich. Da ist ein bisschen Routine drinnen. Ich funktioniere und performe am besten, wenn ich grantig bin. Das heißt, wenn mich alle Leute anzipfen und alles anzipft, dann kann man sich sicher sein, dass es gut läuft. Mein Psychologe hat mich heute schon gefragt, ob ich grantig bin. Da habe ich gesagt: 'Red mich nicht an'. Da hat er gesagt: 'Passt, sehr gut'. Das sind so Kleinigkeiten. Du blendest das Drumherum eh aus und am Ende werden wir schauen, was rauskommt."

Wer macht Sie grantig?

Vadlau: "Mein Papa zum Beispiel, der begleitet mich immer, meine Mama auch. Aber er hat schon früh überrissen, dass wenn er mich kurz vor dem Auslaufen aufs Wasser grantig macht, das den Extra-Boost gibt. Das habe ich erst später realisiert. Aber er hat es gleich gecheckt. Und das ist immer noch so."

Alter und Erfahrung spielen im Segelsport eine große Rolle, sagt man. Sie sind erst 22.

Vadlau: "Es stimmt schon. Mit Erfahrung tut man sich sehr, sehr viel leichter, weil du einfach Sachen öfters durchlebt hast. Es geht einfach ums Training wie in jedem Sport. Aber meine Eltern haben mir das konsequente Arbeiten von klein auf mitgegeben. Sie haben mich immer so lange unterstützt, wie sie gesehen haben, dass ich hundert Prozent gebe und hundert Prozent will. Ich bin so aufgewachsen und kenne nichts Anderes als Vollgas zu geben und Vollgas zu trainieren. Nichts wegzulassen. Ich weiß, ich verzichte gern auf Sachen, wenn ich meinen Traum realisieren kann."

Das klingt, als wären Sie definitiv nicht zu jung für eine Olympiamedaille.

Vadlau: "Das werden wir sehen." (lacht)

(Das Gespräch führte Birgit Egarter/APA aus Rio de Janeiro)