Zugegeben, wenn er sich jemanden zur Brust nimmt, wird’s finster: 2,01 Meter groß, 126 Kilogramm schwer, Schuhgröße 50 und 2,08 Meter "Flügelspannweite". Aber keine Angst, Robert Harting (31) teilt nur verbale Schläge aus. Direkt und ohne zu zögern, kommt er auf den Punkt. Diplomatie ist definitiv nicht seine Stärke, er mag es auf die Harting-Tour. "Ich bin wie Wasser, das bei 99 Grad ständig am Kochen ist und nicht versiedet. Ich versuche, den Deckel draufzuhalten, damit nichts rauskommt", sagte er einmal in einem Interview über sich selbst. Aber regelmäßig geht der Deckel doch hoch. Vor allem beim Thema Doping.

Sein letzter Ausbruch traf IOC-Präsident Thomas Bach – mit voller Wucht seiner glänzenden Rhetorik. "Er ist für mich Teil des Dopings-Systems, nicht des Anti-Doping-Systems. Ich schäme mich für ihn", sagte Harting, "ich habe schon oft meine Enttäuschung über Thomas Bach geäußert. Aber das ist jetzt eine neue Enttäuschungsdimension." Der Grund für Hartings Verbalattacke: Das IOC hatte das russische Team trotz des nachgewiesenen Staatsdopings nicht komplett von den Spielen ausgeschlossen. Hartings Frontalangriff gegen Bach bleibt nicht ohne Konsequenzen. In Rio muss er zum Rapport, aber schon jetzt ist klar: Zum Schweigen bringt den Mann mit großem Herzen – er besuchte auch die querschnittsgelähmte Stabhochspringerin Kira Grünberg in Tirol – sicher niemand.

Harting will in Rio wieder eine Medaille. Vor vier Jahren in London krönte er sich zum Olympiasieger und ließ seinen Emotionen freien Lauf. Von Freudensprüngen bis hin zum Leiberlzerreißen (Bild rechts) war alles dabei. Ein "großes Kompliment" gab es für Harting damals von Ex-Weltklasser-Fußballer Matthias Sammer, der sagte: "Wenn du außergewöhnlich erfolgreich sein willst, kannst du nicht normal ticken."

Was dem Wettkampf in Rio diesmal eine besondere Brisanz verleiht: Robert Harting hat unter anderem auch seinen jüngeren Bruder Christoph (25) zum Gegner. Bei den deutschen Meisterschaften im Juni konnte Robert mit dem letzten Wurf Christoph noch den Titel entreißen. Der kleine Bruder hat nun Revanche angekündigt. Bleibt abzuwarten, wer diesmal sein Leiberl zerreißt . . .