Zugegeben: Wenn es mich auf den Vergnügungspark der Grazer Messe oder in den Wiener Prater zieht, dann sind zwei Stationen fix in meiner Route eingeplant. Erstens der Stand, an dem es Zuckerwatte gibt, und zweitens einer der zahlreichen Schießstände. Auf Luftballons oder Stofftiere schießen, das kann ich. Also wird so eine fliegende Tontaube doch kein Problem darstellen.
So zumindest mein naiver Gedanke auf dem Weg nach Salzburg, wo mir Skeet-Olympiateilnehmer Sebastian Kuntschik eine Lehrstunde geben sollte. „Deine Erfahrung im Prater wird dir nichts helfen“, sagt der 28-Jährige mit einem Lachen. Der Grund ist schnell genannt. Während meine bekannten Ziele, also Luftballons oder Stofftiere, nicht in Bewegung sind, kommt die Tontaube mit knapp 80 Stundenkilometern daher.
Olympia ausprobiert: Tontauben schießen
Also zuerst doch lieber den Profi zeigen lassen, wie es ausschauen sollte. Der erste Schuss geht vorbei, danach folgt aber Treffer um Treffer. „In einem Wettkampf, in dem wir auf 125 Scheiben schießen, sollten nicht mehr als zwei, drei Fehlschüsse dabei sein, wenn man vorne dabei sein will“, sagt Kuntschik, der sich auf seine erste Olympiateilnahme freut. „Ich habe keinen Druck. Man kann sowieso nichts erzwingen. Das Halbfinale ist das Ziel, dann ist alles möglich.“
Leere Munition als Gefahr
Nun aber zurück nach Salzburg. Ich bin an der Reihe, bekomme von Kuntschik das Gewehr in die Hände gedrückt. Erste Lektion: Niemals auf Menschen zielen. Gut, darauf wäre ich selbst gekommen. Zweite Lektion: Das Gewehr ganz fest an den Körper drücken, auch das Gesicht muss anliegen. Warum? „Ist der Rückstoß so stark?“, frage ich. „Nein, nicht wirklich“, kommt als Antwort. Nun gut, wenn der Profi das sagt.
Erster Schuss! Natürlich kein Treffer, da helfen selbst die rund 500 Schrotkugeln, die pro Munition in einer rund 20 Zentimeter breiten Flugbahn auf die Tontaube gefeuert werden, nichts. Getroffen wurde dennoch etwas, und zwar mein Schlüsselbein. Natürlich war der Rückstoß stark, zumindest für mich. „Knapp 35 Kilogramm kommen da auf dich zu“, sagt Kuntschik im Nachhinein. Mag vielleicht nicht viel klingen, war es dann – wohl auch dank des Überraschungseffekts – aber doch. Blaue Flecken blieben aus, so viel sei verraten. Zu spüren war mein Schlüsselbein in den folgenden Tagen aber schon noch.
Die Tontauben flogen mir nur so um die Ohren. Von links kommend aus dem Hochhaus, einer höher platzierten Anlage. Von rechts kommend aus dem Niederhaus. Alle nacheinander. Die Königsdisziplin, die „Dublette“, also zwei Scheiben, die gleichzeitig aus Hoch- und Niederhaus kommen, lasse ich wegen sportlicher Wertlosigkeit ganz aus.
Und tatsächlich! Nach zahlreichen Fehlschüssen, einigen Litern (so zumindest meine subjektive Wahrnehmung) Schweiß, der mir bei hochsommerlichen Temperaturen den Körper runtergelaufen ist, und einer Munition im Gesicht (Halb so schlimm! Beim Munitionswechsel muss man lediglich die Hand vorhalten, ansonsten fliegt einem die leere Munition entgegen. Hat mir ja niemand gesagt . . .) der erste Volltreffer. Ein ziemlich zufriedenstellendes Gefühl, diese „Taube“ (bis 1900 wurde übrigens auf lebende Vögel geschossen) abzuschießen.
Weitere Scheiben sollten danach in ihre Einzelteile zerlegt werden. Daraus wurde bei den nächsten Versuchen nichts mehr. „Knapp“, sagt Kuntschik. Aber knapp daneben ist eben auch vorbei.