Der Kenianer Eliud Kipchoge ist Samstagfrüh beim Versuch, einen Marathon als erster Mensch unter zwei Stunden zu laufen, knapp gescheitert. Der Olympiasieger 2016 benötigte im Rahmen des Projekts "Breaking2" auf der Formel-1-Strecke in Monza 2:00:25 Stunden (korrigierte Zeit, Anm.). Diese Marke wird aber nicht als Weltrekord anerkannt. Denn die Schrittmacher wurden stets ein- und ausgewechselt.
"Ich bin trotzdem glücklich", sagte der 32-jährige Kipchoge nach dem Lauf. "Die letzten zwei Runden waren wir etwas hinter dem Zeitplan. Ich hoffe, das nächste Mal klappt es." Seine Bestzeit war bisher bei 2:03:05 Stunden gestanden, gelaufen im vergangenen Jahr beim London-Marathon. In Rio de Janeiro gewann Kipchoge Gold in 2:08:44 Stunden. Möglicherweise greift der Kenianer nun beim Berlin-Marathon am 24. September den offiziellen Weltrekord an.
Laborversuch unter freiem Himmel
Lange Zeit hatte es für Kipchoge nicht schlecht ausgesehen, unter zwei Stunden zu bleiben. Doch ab km 35 vermochte er das Tempo von 2:50 Minuten pro Kilometer oder 17 Sekunden pro 100 m nicht mehr ganz zu halten. 7 km vor dem Ziel wies der 32-Jährige fünf Sekunden Rückstand auf seine Marschroute auf.
Kipchoge lief mit Zersenay Tadese aus Eritrea und Lelisa Desisa aus Äthiopien schon um 5:45 Uhr früh los. Das Trio ließ sich in das von Sportartikel-Hersteller Nike mit großem Getöse angekündigte und in der Leichtathletik-Szene umstrittene Projekt "Breaking2" einbinden - eine Art Laborversuch unter freiem Himmel: Ständig wechselnde, Windschatten spendende Schrittmacher, keine enge Kurven, ein spezieller Schuh, Spezialgetränke, Startzeit bei den meteorologisch besten Bedingungen und vielem mehr.
Der Angriff hatte nicht dem Weltrekord von 2:02:57 Stunden des Kenianer Dennis Kimetto (Berlin 2014) gegolten, sondern der Zweistunden-Marke. Doch es erwies sich, dass drei Minuten weniger auf der klassischen 42,195-km-Distanz sehr viel sind. Tadese und Desisa waren bei der Halbmarathon-Marke schon nicht mehr auf Kurs. Tadese kam nach 2:06:51 Stunden ins Ziel, Desisa völlig entkräftet nach 2:14:10. Zu dem Rennen waren nur geladene Zuschauer zugelassen.
Großer Aufwand
Das Trio war auf dem 2,4-km-Automobil-Rundkurs bei zwölf Grad Celsius und Windstille gestartet. Vor den Läufern fuhr ein Elektrowagen mit einer großen Anzeigetafel, die auch noch etwas Windschutz bot. Mitarbeiter aus dem Ärzte- und Wissenschaftsteam begleiteten die Ausdauerspezialisten auf Fahrrädern. Nike hatte mit großem finanziellen und wissenschaftlichen Aufwand versucht, diese Schallmauer in der Leichtathletik zu durchbrechen.
Das Projekt hat das Unternehmen nach Medienangaben etwa 30 Millionen Euro gekostet. Die drei Weltklasseathleten haben eine siebenmonatige Vorbereitung hinter sich. Der Coup wurde am ehesten Kipchoge zugetraut. Er verpasste 2016 in London, auf einem schwierigeren Kurs als in Berlin, den Weltrekord nur um ein paar Sekunden. 2015 hatte er in Berlin in 2:04:00 gesiegt, obwohl ihm nach wenigen Kilometern die Einlegesohle aus dem Schuh gehangen war. Kipchoge ist wohl der aktuell beste Marathoni.
Er hat nun den historischen Coup verpasst, obwohl seine Leistung eines Weltrekords würdig gewesen wäre. Nike dürfte dennoch zufrieden sein. Der Sportartikel-Hersteller verstand es, mit großem Werbeeffekt einen neuen Laufschuh zu promoten. Die Sportwelt begegnete dem Projekt mit Vorbehalten. Die äußeren Einflüsse, die Taktik, der Kampf Mann gegen Mann, die Wahl der Strecke ohne Zuschauer und enge Kurven - all dies sei in der traditionellen Leichtathletik so nicht vorhanden. Die deutsche Sportartikelfirma "adidas" plant übrigens in ihrem "Sub2"-Projekt mit natürlich ebenfalls eigens entwickeltem Schuh ebenfalls die Zwei-Stunden-Grenze zu unterbieten.