Es war an diesem Tag an sich alles auf Rekorde ausgelegt: Mehr Teilnehmer als je zuvor, nahezu perfektes Marathon-Wetter, dazu ein Quartett an Spitzenläufern aus Kenia, die allesamt eine Zeit deutlich unter 2:10 Stunden anstrebten. Es war, wie man so schön sagt, angerichtet vor der Grazer Oper beim 31. Kleine Zeitung Graz Marathon. Doch statt eines neuen Streckenrekords gab es die vielleicht größte Sensation in der Geschichte des Marathons: Der Salzburger Lukas Hollaus „schummelte“ sich fast unbemerkt auf den letzten Kilometern an den Afrikanern vorbei, denen quasi zu früh die Luft ausgegangen war, und holte sich so den Sieg in der Zeit von 2:17:38 Stunden. Weit vom Streckenrekord entfernt zwar, aber doch mit klarer persönlicher Bestleistung für den Triathleten, der sogar schon bei Olympia am Start gewesen ist. Nun ist er erst der dritte österreichische Sieger in Graz, vor ihm schafften das nur der Kärntner Roman Weger 2015 und der Niederösterreicher Max Wenisch 2000.

Und auch bei den Frauen gab es einen österreichischen Sieg – oder besser, einen Grazer Heimsieg sogar. Die 47-jährige Karin Rosenberger, in Graz schon zweimal Zweite, schaffte ihren ersten großen Sieg, den noch dazu in ihrer Heimatstadt. In 2:53:27 Stunden setzte sie sich vor Landsfrau Eva Berger und Jana Backes durch. Damit nicht genug der Heimsiege: Auch im Halbmarathon der Herren siegte mit Markus Hartinger (1:07.05) ein Steirer, der Verkehrspolizist aus Graz war drei Minuten schneller als Sareban Mahdi vom ATG. Bei den Damen siegte Barbara Bischof (1:21:41) über die halbe Marathondistanz.

Lukas Hollaus: „Bin genau so überrascht wie ihr“

Der Zieleinlauf der Herren aber verwunderte sogar die Offiziellen: Alles rechnete mit einem Kenianer, doch plötzlich lief der 38-Jährige Hollauf als Erster über die Ziellinie, konnte selbst kaum die Tränen der Freude zurückhalten, so sensationell war der Erfolg auch für ihn. „Ich wollte einfach mein eigenes Rennen laufen, das habe ich auch durchgezogen“, sagte der frühere Triathlet, der 2020 auch Olympiateilnehmer war. Er lief – nach Wien im Frühjahr – erst seinen zweiten Marathon, mit einem großen Ziel: „Ich wollte unter 2:20 Stunden laufen.“ Es wurde noch besser, trotz eines unglaublichen Hoppalas: „Fünf Kilometer vor dem Ziel, als wir schon viele Viertel- und Halbmarathonläufer überholen mussten, stürzte unmittelbar vor mir mein Begleitradfahrer. Und ich war so knapp dahinter, dass ich nicht mehr ausweichen konnte und mit einem Salto über das Rad gefallen bin“, erzählte er. Zunächst war da dann sogar Schock: „Ich hab gar nicht gedacht, dass ich noch weiterlaufen konnte, weil ich so auf die Rippen gekracht bin.“

Hollaus konnte – und bemerkte plötzlich die vor ihm liegenden Afrikaner: „Ich hab sie dann überholt, bin auch am Führungsauto vorbeigelaufen – und jetzt steh ich da als Sieger“, meinte er ergriffen und bedankte sich bei Österreichs Marathon-Rekordhalter Peter Herzog. Der war bei der Hyundai-Staffel Startläufer, „verlängerte“ dann aber kurzerhand: „Ich habe gesehen, dass Lukas ganz alleine gelaufen ist. Ich weiß, wie zäh das ist, also bin ich mitgelaufen“, sagte der Landsmann des Salzburgers. Sein „Windschatten“ hatte Erfolg: „Dass ich einen der traditionsreichsten Marathons in Österreich gewinne, ist unglaublich“, meinte Hollaus, der ergänzte: „Viel feiern werde ich aber nicht. Ich freue mich auf die Zugfahrt nach Hause zu meiner Familie. Morgen stehe ich dann wieder als Lehrer in der Schule.“

Offen bleibt, wo sich die kenianischen Spitzenläufer „zerstörten“, die sich bereits ab dem Halbmarathon gegenseitig attackierten, letztlich ging aber allen die Luft aus. Marathon-Neuling Gilbert Kipkoech schleppte sich als Zweiter ins Ziel, dann folgte Robert Kiplangat Yegon, der als Erster attackiert hatte, und Peter Murithi, der im Vorjahr in Graz Zweiter gewesen war.

Lukas Hollaus im Video-Interview

Karin Rosenberger: „Das war der größte Sieg“

Ergriffen war auch Damen-Siegerin Karin Rosenberger: „Ich habe ab Kilometer 30 gemerkt, dass es sich ausgeht, der Rest war purer Genuss.“ Nach zwei zweiten Plätzen in Graz gab es nun den ersten Sieg: „Und das in meiner Heimatstadt, dieser Sieg wird definitiv mein größter bleiben.“ Bemerkenswert: Diesen Sieg gab es im bereits 81 (!) Marathon, schon in zwei Wochen soll der nächste folgen: „Da laufe ich dann mit meinem Mann, der selbst begeisterter Läufer ist. Das Laufen ist einfach unser Leben.“

Die Siegerin im Video-Interview

Video: Das waren die Eindrücke des Graz Marathons 2024