Herr Wittmann sagt kaum jemand zum Franz, mit dem in den 1980er-Jahren jedes Kind groß geworden ist. „Man wollte 1983 sogar meine Hochzeit live im Fernsehen zeigen“, sagt der Niederösterreicher, der am Dienstag mit Ehefrau Rolanda und den Söhnen Franz jun. und Sebastian in Ramsau den 70. Geburtstag feiern wird. „Ein Datum, mehr nicht. Es wird ein Tag wie jeder andere. Ursprünglich war ein großes Fest geplant, aber das haben wir wegen Corona schon Mitte März abgesagt.“
Als der Franz noch „der Franzi“ genannt wurde, war er auch schon Vollblutsportler. Wäre er nicht Rallye-Star geworden, er hätte auch als Weitspringer, Skifahrer oder Tischtennisspieler blendende Figur gemacht. Aber seit er denken kann, durfte er beim Vater auf dem Schoß sitzen und das Auto lenken. Als Sechsjähriger schnappte er sich einen Polster, legte ihn in den 170er-Mercedes und drehte allein die ersten Runden im Hof. „Aber nur in der Ersten.“
Erste Ausfahrt mit elf Jahren
Mit elf Jahren unternahm er die ersten Ausfahrten – im Graben nach Ramsau nahe Hainfeld war noch nie der Bär los. Und als die Familie nach Paris fuhr, steuerte der 16-jährige Franzi den Wagen. „800 von 1000 Kilometern. Heute wäre das alles nicht mehr denkbar.“ Als Franzi 20, stolzer Führerscheinbesitzer und ausgebildeter Holzkaufmann war, sah er am nahen Hochsattel erstmals eine Rallye. „Ich hatte diesen Sport nicht gekannt. Diese Geschwindigkeit, die Lichter in der Nacht – ich war fasziniert und dachte, so gut wie der 25. kann ich das auch.“
Den VW-Käfer des Vaters durfte er sich ausborgen, bei der Elan-Nachwuchsrallye 1972 feierte er den ersten Sieg. Es folgten Engagements in Werksteams. Freilich hatte er die Autos mehrheitlich zu finanzieren, um sie dann, wenn möglich, ohne Verlust weiterzuverkaufen: Käfer, BMW, Opel, Porsche, Audi, VW Golf, Lancia, Subaru, Toyota. „Ich hatte das Sägewerk vom Vater übernommen. Ich war nie Profisportler. Aber ich habe nie dazugezahlt und nie verdient.“
Im November 1980 testete er den Audi quattro, das erste allradgetriebene Rallyeauto, pilotierte ihn bei seiner Weltpremiere 1981 bei der Jänner-Rallye in Freistadt und siegte mit 20 Minuten Vorsprung. Nach dem zehnten Triumph bei dieser Veranstaltung stieg Franz Wittmann 2003 zum letzten Mal aus. Der zweifache Motorsportler des Jahres brachte es auf zwölf österreichische Meistertitel und 79 Siege, 32 davon in der EM. Und er gewann als erster Österreicher einen WM-Lauf: 1987 war’s, als er im Lancia in Neuseeland triumphierte. „In den 1980er-Jahren war Rallye klar vor der Formel 1, mit der es eine große Rivalität gab. Bei uns waren in England zwei Millionen Zuschauer, 800.000 haben in Finnland Eintritt gezahlt.“
Die Leitschiene Menschen
Auch, weil „die Leitschiene Menschen“ waren und es zu zahlreichen tragischen Unfällen kam, wurden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Der Sport verlor an Popularität. Franz Wittmann war selbst 1981 an einem Todesfall beteiligt. Bei der Zieldurchfahrt nach einer Kuppe starb der finnische Automobilverbandspräsident. „Ich habe ihn mit dem Heck erwischt. Schrecklich. Ich habe keine Chance gehabt, auszuweichen.“ Vor Gericht wurde er freigesprochen.
Während der drei Wochen in Neuseeland, die im größten Erfolg der Karriere gipfelten, verfiel der Franz beim Fernsehen der Golf-Leidenschaft. „Es hat mich beruhigt. Dann habe ich es probiert. Und dann wollte ich bei mir daheim drei Löcher bauen, damit ich immer spielen kann, wann ich will.“ Aus drei Löchern wurden neun, aus neun Löchern wurden 18, aus 18 Löchern wurden 28. Halbe Berge wurden abgetragen, ganze versetzt. „Es war eine Spinnerei. Allein das Wegräumen des Materials hat dreimal so viel gekostet wie geplant.“ Heute verfügt der – sein – GC Adamstal über einen der schönsten und besten Championship-Plätze Österreichs, ja sogar der Welt. Mehrfach gastierten Professionals der Challenge- und Alps-Tour, mehrmals wurde Adamstal von einer Expertenjury zu Österreichs Golfplatz des Jahres gewählt. „Wenn ich heute mit den Hunden über den Golfplatz spaziere, empfinde ich einen gewissen Stolz“, sagt der Franz. „Und immer wieder denke ich mir: Eigentlich schafft man so etwas nicht.“ Sohn Franz jun. will ergänzt wissen: „Mein Vater ist halt ein Visionär, der noch dazu Perfektionist ist. Ich bin froh, dass wir landschaftlich keine Möglichkeiten mehr haben, sonst käme er vielleicht auf weitere Ideen.“
Siebeneinhalb Jahre Präsident
In den Jahren zuvor inspizierte der Präsident und Geschäftsführer sein Werk zwei Mal pro Woche mit den Schlägern, gut 600 Mal wird er „sein Baby“ schon umrundet haben. Er spielt ein 12er-Handicap, seine Frau hat Stammvorgabe 15. „Ohne Rolanda hätte ich das alles nicht geschafft. Sie ist mir immer beigestanden und hat mich in meinen Plänen unterstützt“, sagt der Franz, der neben seinen Aufgaben im Adamstal ab 2006 siebeneinhalb Jahre dem Österreichischen Golfverband als Präsident vorstand.
Freilich trifft ihn das aktuelle Betretungsverbot des Platzes hart. Einerseits, weil gerade Greens und Fairways in Schuss gehalten werden müssen und die Kosten weiterlaufen, andererseits, weil ihm die Mitglieder leidtun. „Gott sei Dank stehen alle hinter uns und freuen sich auf die erste Runde 2020.“ Die wird dann auch sein Geburtstagsgeschenk sein, zum 70er. Und dann wird der Franz nach längerer Zeit auch wieder lächeln können.
Harald Schume