Sitzen einige Deutsche und ein paar Österreicher im Jänner in einem Charterflieger nach Ägypten ... Was wie der Anfang eines flotten Urlaubsschwanks klingt, ist in diesem Fall die Reise der österreichischen Handballherren zur WM in Kairo. Mit den Titelkämpfen in seiner Heimat wollte Verbandsboss Hassan Moustafa - „der Pharao“ – seinen Mitbürgern und sich selbst ein Geschenk bereiten. Geworden ist es die größte WM der Geschichte: erstmals mit 32 Teams in acht Vorrundengruppen, statt der üblichen 24 Nationen. Der 76-Jährige ist einer der erfolgreichsten Netzwerker im internationalen Sport und seit mittlerweile 20 Jahren an der Spitze der IHF (International Handball Federation) – nicht unumstritten, aber sattelfest. Ende des Jahres wird wieder gewählt – da schadet ein bisschen Remmidemmi im Schatten der Pyramiden wohl nicht.
Dem ägyptischen Volk und den Fans bleiben die Handballfreuden in den vier Hallen aber verwehrt. Auch die drei neu gebauten Arenen werden für das Gros nur via TV oder von außen zu bestaunen sein. So auch der „Dr Hassan Moustafa Indoor Sports Complex“ in einer Vorstadt („Stadt des 6. Oktober“) von Gizeh, in der Österreichs Team nicht nur heute den Kunststoffboden betritt.
Aufgrund der Pandemie sind nun keine Zuseher erlaubt. War zuvor noch von einem Kartenkontingent von 30 und dann 20 Prozent die Rede, sind nun keine Fans zugelassen. Die Auflagen in der „Bubble“ sind strikt, absolut kein Kontakt zur Außenwelt ist gestattet. Die Teams sind in eigenen Hotels untergebracht, die auch die Angestellten nicht verlassen. „Es gibt sicherlich noch ein paar Punkte, bei denen man nachschärfen muss“, erklärt ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser, „das haben wir schon mit anderen Nationen besprochen, werden das beim internationalen Verband vorbringen. Aber die Bedingungen sind gut. Das muss reichen.“
Pragmatismus ist bei den Teams angebracht. „Für Österreich ist es nicht normal, bei einer WM zu sein“, sagt Fölser, „die Spieler freuen sich und wir haben auch intern sehr strenge und strikte Maßnahmen.“ Wie die meisten Teams sind die Österreicher seit Anfang des Jahres isoliert, vor dem Abflug und nach der Landung wurde der gesamte Tross mit Antigentests überprüft, danach ging es eineinhalb Stunden direkt vom Rollfeld mit dem Bus durch Kairos Verkehrschaos ins Hotel. Dort folgten noch PCR-Tests.
„Die Anfangsphase ist turbulent. Dass es Probleme geben wird, war vorauszusehen“, sagt Fölser. So hat Österreichs Mannschaft vor ihrem heutigen Erstrundenspiel gegen die Schweiz gerade einmal ein Training von 75 Minuten in der Halle. Aber immerhin 75 Minuten mehr, als der Gegner. „Nati“-Kapitän Andy Schmid bezeichnete das überraschende Ticket zwar als „völlig surreal“, aber er packte sofort. Die Kritik an einer WM trotz Pandemie teilt Österreichs Teamchef Ales Pajovic nicht: „Seit März ist viel Zeit vergangen. Wir hatten viele, viele Absagen. Es ist auch für mich die erste WM als Trainer – ich freue mich.“
Geklatscht hat bei der Landung übrigens keiner, auch die Ligen am Pool sind Handtuch-frei. Dafür will sich Österreich schon heute einen Platz in der Hauptrunde reservieren.