Corona bringt viele Neuerungen für den Nationalteam-Lehrgang mit sich. Wie darf man sich die Situation vorstellen?
ROBERT WEBER: Ich bin es aus der deutschen Bundesliga gewohnt. Wir werden alle drei Tage getestet, sind in der familiären Blase. Ein bisschen anders wird es halt, wir sitzen jetzt nur im Hotel herum. Ich war sowieso nie der Typ, der während Turnieren viel außerhalb der Hotelanlage unterwegs war. Mich stört die „Bubble“ im Hotel also nicht großartig. Wir sind alle auf freiwilliger Basis hier und haben gewusst, was auf uns zukommt. Einige Jungs kannte ich noch gar nicht, die kann ich jetzt wenigstens beim Kartenspielen kennenlernen.
Was geben Sie als Routinier den jungen Spielern mit?
Vielleicht bin ich da ein bisschen ein anderer Typ. Ich versuche den Jungs den Spaß am Handball und die Liebe zum Sport auf dem Platz und im Training zu vermitteln – dass man in jedes Training und jedes Spiel mit ganz viel Herz hineingeht. So habe ich das immer getan und will es den Jungs auch vorleben. Meine Intension ist es, den Jungs zu helfen. Ich möchte sie an die Hand nehmen und ihnen in dieser schwierigen Situation, in der wir stecken, zeigen: Handball macht trotzdem Spaß – auch wenn keine Zuseher da sind.
2004 haben Sie debütiert. Da hätten andere längst schon wieder aufgehört.
Ich fange jetzt aber erst wieder so richtig an. Seit dem Lockdown wollte ich als einer der Gewinner herauskommen. Der Verlauf der Saison zeigt bisher, dass sich das rentiert hat. Was meine persönliche Leistung angeht, spiele ich eine der besseren Saisonen meiner Karriere. Das wollte ich jetzt auch in die Nationalmannschaft mit hineintragen.
Ist ein baldiges Ende also nicht in Sicht?
Nein, aktuell gar nicht. Ich fühle mich körperlich wirklich fit. So lange ich die Rückendeckung der Familie habe, passt das auf jeden Fall. Meine Familie lebt meinen Traum weiter mit, da bin ich dankbar.
Stimmt es, dass Teamchef Ales Pajovic Ihnen „verboten“ hat, aufzuhören?
Nach der WM 2019 habe ich ans Aufhören gedacht. Vielleicht wollte ich mich mehr auf das Tagesgeschäft konzentrieren. Dann ist es zum Trainerwechsel gekommen. Ich habe den „Pajo“ noch aus Magdeburger Zeiten gekannt, wir waren Zimmerkollegen. Er hat mich angerufen, wir hatten ein sehr lockeres Gespräch. Da ist relativ schnell der Gedanke verflogen, dass ich aufhöre. Er hat mir verboten, aufzuhören. Dann habe ich gedacht: Okay, er ist der Chef (lacht).
War für Sie immer klar, dass Ales Pajovic Trainer werden kann?
Ehrlicherweise nicht. Wir waren sehr gut befreundet und sind auch um die Häuser gezogen. Damals habe ich das nicht einschätzen können. Ich weiß nicht, ob das ein Plan für ihn war. Ich habe seinen Weg verfolgt, auch, wie er es in Graz gemacht hat – anfangs als Spielertrainer. Von Daniel Dicker habe ich gehört, dass er es richtig gut macht. Meine Meinung: Ein guter Trainer muss menschlich gut sein. Deshalb ist „Pajo“ als Trainer auch bestens aufgehoben. Der ÖHB hat ihn Gott sei Dank ausgewählt und er hat gezeigt, dass er der Richtige ist.
Inwieweit hat sich Ales Pajovic verändert?
Er ist ein bisschen zu seriös geworden (lacht). Im Ernst: Er ist ähnlich wie früher. Ganz kann er nicht gleich sein, hat als Cheftrainer eine ganz andere Verantwortung als damals als Spieler. Er nimmt sich nicht wichtiger als andere und setzt sich im Bus mittendrin rein, man merkt, dass er die Nähe zur Mannschaft sucht und ist noch immer für so manchen Blödsinn zu haben.
Inwiefern sind Ihnen Rekorde im Team wichtig?
So etwas ist immer schön. Aber mir geht es ums Handballspielen. Das ist das Größte, was es gibt. Ich liebe den Handballsport und bin froh, dass ich die letzten 17 Jahre mitbeitragen konnte und dass Österreich mittlerweile als Gegner wahrgenommen wird. Manchmal braucht man zwei, drei Abschnitte, in denen der Trainer sagt: „Robert, mach Pause.“ Wenn es solche Absprachen mit dem Trainer gibt, ist da viel Respekt da. Und den bekomme ich zu 100 Prozent. Darum freue ich mich, hier weiterzumachen.
Sie waren immer sehr direkt und haben angesprochen, was Ihnen gepasst bzw. nicht gepasst hat. Hat das manchmal mehr geschadet oder geholfen?
Beides. In den Medien war ich da sehr beliebt. Oft sagen die Leute die gleichen Floskeln. So bin ich nicht erzogen worden. Ich spreche immer alles direkt an. Ich finde, so kommt man am weitesten. Man eckt natürlich an, aber man kann nicht immer geradlinig durchs Leben gehen.
Muss man als Flügelspieler sowieso etwas „anders“ sein?
Normal sind es ja die Tormänner, die anders sind. Vielleicht bin ich nicht der typische Außen. Ich bin manchmal verrückt auf der Platte, aber auch abseits des Feldes. Das gehört zu meinem Leben dazu. So fühle ich mich wohl. Ich werde mich niemandem beugen oder mich knicken und mein Wesen ändern.
Was erwarten Sie sich von den EM-Qualifikationsduellen gegen Deutschland?
Das ist trotz der Ausfälle und Absagen eine schlagkräftige Truppe mit einem unglaublich starken Torhüter-Trio. Wir dürfen nur wenige Fehler machen. Wichtig wird sein, dass wir uns steigern, weiter zusammenwachsen und eine schlagkräftige Truppe stellen können.
Wie lauten die Ziele für die Weltmeisterschaft in Ägypten?
Das ist durch die ganze Situation mit der Bubble schwer zu sagen. Man weiß einfach nicht genau, was auf einen zukommt. Abgesehen davon freue ich mich riesig. Ich habe noch nie gegen die USA gespielt. Und man fährt ja auch nicht jedes Jahr zu einer WM nach Ägypten. Angeblich soll es eine 30-prozentige Auslastung bei den Zusehern geben. Norwegen und Frankreich sind Favoriten auf die Medaillen. Da können die Jungs, die jetzt noch wenig Erfahrung haben, ganz viel davon sammeln.