Der ganz große Wurf steht bei Janko Bozovic Mitte März ins Haus. Da ist der errechnete Geburtstermin seines ersten Kindes. "Meine Frau und ich können es kaum erwarten. Es wird ein Bub", erzählt der 34-Jährige mit einem breiten Lächeln. Das trägt der 2,03 Meter große Linkshänder seit Tagen fast durchgehend. Es läuft bei ihm und der Nationalmannschaft. "Der erste Sieg gegen Tschechien hat uns Flügel verliehen." Und die trugen Rot-Weiß-Rot mit drei Siegen in die Hauptrunde der EM. "Es wird nicht einfacher", sagt der gebürtige Montenegriner, "wir haben intensiv gespielt und konnten nicht oft wechseln."
Heute wartet mit Kroatien (ORF eins, 18.15 Uhr) der erste Brocken. In der Vorrunde hat Bozovic mit einer Erfolgsquote von 63 Prozent 19 Mal getroffen. Im Vergleich zu früheren Großveranstaltungen strahlt er mehr Ruhe aus, ist solider und konstanter. "Ich bin gut in das Turnier gestartet und das hat Selbstvertrauen gegeben. Vor so einem Publikum kann man fast nicht schlecht spielen. Die Stimmung ist unglaublich."
Die Konstanz fehlte lange in der Karriere, die 2001 bei Westwien begonnen hat. Seitdem ist er viel gewechselt – nicht nur freiwillig. "Ich wäre auch gerne wo zehn Jahre geblieben, aber das war eben nicht so. Manche Vereine hatten finanzielle Probleme, bei anderen habe ich mich nicht so wohlgefühlt." Gummersbach ist nun der 14. Verein in seiner Vita. Nach dem EM gibt es Gespräche, ob er bleiben wird. Er will, die Signale des Vereins sind positiv.
"Das hat uns zum Nachdenken gebracht"
Spielt in Wien der beste Bozovic aller Zeiten? "Vielleicht", sagt er, "das kann schon sein. Ich habe sehr viel an mir gearbeitet. Nicht nur an meinem Spiel in der Deckung und im Angriff, sondern auch an der Psyche, im mentalen Bereich. Und ich denke, das sieht man auch. Man kann immer dazulernen und besser werden."
Das schlechte Abschneiden in Porec (EM 2018) und Herning (WM 2019) rüttelte das Team rechtzeitig vor der EM wach. "Die Niederlage bei der WM gegen Chile hat keiner erwartet. Das hat uns zum Nachdenken gebracht. Wir wollten alle, dass das nie wieder passiert."
Nach der verpatzten WM kam mit Ales Pajovic ein neuer Trainer, und unter ihm blüht auch der feinfühlige Bozovic auf. "Früher war es schwierig. Wenn ich ein, zwei Fehler gemacht habe, war ich sofort draußen auf der Bank, und jetzt ist das anders. Er gibt mir das Vertrauen und ich will es zurückgeben", sagt er. Pajovic pflegt mit den Spielern einen amikalen Umgang ("Er ist ein Kumpeltyp, kann aber auch sehr streng sein und diese Mischung macht es aus.").
Wie die Mutter so der Sohn
Der Handball wurde Bozovic in die Wiege gelegt. Mutter Stanka Bozovic spielte 220 Mal für Österreich (910 Tore) und hatte maßgeblichen Anteil an Österreichs EM- und WM-Bronze (1996 bzw. 1999). "Sie war eine Weltklassespielerin und sie gibt mir auch immer wieder Tipps." Doch wo ist er besser als die Muter? "Ich werfe vielleicht besser", sagt er und fügt mit einem Lachen hinzu: "Aber in der Verteidigung kann ich noch was von ihr lernen." Der Sohn hält übrigens bei 152 Länderspielen und 417 Toren.
Um auch eine Medaille zu holen, müssten Bozovic und seine Kollegen wohl über sich hinauswachsen. "Aber natürlich träumen wir, wer tut das nicht? Ein Platz in der Olympia-Qualifikation ist schon ein realistisches Ziel." Welcher Platz dafür reicht, wird sich im Verlauf der EM herauskristallisieren. Ein Top-drei-Platz in der Hauptrunde würde aber wohl reichen.