Einen dominanten "Joker" gibt es nicht nur im Tennis, auch in der US-amerikanischen Basketball-Profi-Liga NBA spielt ein Serbe, der diesen Spitznamen trägt. Und dieser ist derzeit in aller Munde, denn Nikola Jokic, der "dicke Bub vom Balkan", ist der wertvollste Spieler der Saison in der NBA, oder wie das offiziell heißt: der Most Valuable Player (MVP) der regulären Saison 2021.
Gedraftet im Jahr 2012 an der unrühmlichen 41. Position, stellt sich der immer noch etwas steif wirkende 2,11 Meter große Center der Denver Nuggets nun als wahrer Goldgriff heraus. Jokic ist damit am vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Der 26-Jährige lässt dabei Kaliber wie Steph Curry und Joel Embiid im MVP-Rennen hinter sich.
Dass es einmal so weit kommen sollte, dürfte auch Jokic selbst überraschen. Denn während seine Kollegen meist schon in frühen Jugendjahren tägliche Drills absolvierten, trank der übergewichtige Bub aus Serbien lieber literweise Cola und kümmerte sich um Pferde - seine Leidenschaft.
Doch nach einer unglaublichen Entwicklung, die lange Zeit sogar in seiner Heimat wenig Beachtung fand, verfügt der Big Man nun über ein Spielverständnis, eine Treffsicherheit und eine Übersicht, mit der nur eine Handvoll Spieler mithalten können. In einem Sport, in dem Athletik und Explosivität einen enormen Stellenwert haben, hat der behäbige Riese nicht weniger als eine Revolution bewirkt - und eine neue Position geschaffen: den Point Center. Also eine Position, in der der Center nicht nur mit einem guten Wurf ausgestattet ist und so auch Platz für seine Mitspieler generiert, sondern gleich auch noch den Spielaufbau übernimmt.
All diese Fähigkeiten muss Jokic voll ausschöpfen, um sich in den gerade laufenden Playoffs eine Chance auf den Titel ausrechnen zu können. Die erste Runde gegen die Portland Trailblazers hat man bereits gewonnen, in Runde zwei treffen die Nuggets nun auf die Phoenix Suns, wo man das erste Duell in der Best-of-seven-Serie aber verloren hat. Es dürfte spannend werden.
MVP seit drei Jahren aus Europa
Einen US-amerikanischen MVP gab es damit übrigens seit drei Jahren schon nicht mehr. Vor Jokic schnappte sich diesen Titel der Grieche Giannis Antetokounmpo gleich zweimal in Serie. Eine Tatsache, die manch patriotischem Liga-Kommentator im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sauer aufstößt - und ein klares Zeichen dafür, dass die meist als verweichlicht geltenden Basketball-Importe aus der alten Welt zumindest auf Augenhöhe mit den US-Profis spielen.
Und dieser Lauf könnte schon nächstes Jahr eine Fortsetzung finden, denn vor allem die Spieler aus der Balkan-Region machen immer öfter von sich reden. Allen voran der erst 22 Jahre alte Luka Doncic, der gerade eben quasi im Alleingang den Titelaspiranten L.A. Clippers in ein Spiel sieben zwang, ehe er sich geschlagen geben musste. Luka gilt bereits als Fix-Kandidat für den MVP-Titel. Es ist nur noch eine Frage der Zeit - sofern er gesund bleibt.
Matthias Reif