In der Nacht von Sonntag, dem 8. Februar, auf Montag beginnt um 0:30 Uhr mit dem Kick-Off das Duell der Kansas City Chiefs gegen die Tampa Bay Buccaneers. Grundsätzlich wird der Super Bowl aus Gründen der Fairness auf neutralem Grund ausgetragen. Aus diesem Grund wird bereits ein paar Jahre zuvor entschieden, wo das Finale im jeweiligen Jahr gespielt wird. Die NFL möchte an diesem Sinne eines „neutralem“ Spielgrund festhalten, darum dürfen die „Bucs“ die Kanonen des Piraten-Schiffs nicht abfeuern. Für alle die gerade verwirrt sind, das hervorstechendste Merkmal des Raymond-James-Stadions ist ein 31 Meter langes und 43 Tonnen schweres Stahl-Beton Piratenschiff. Bei Heimspielen werden für jeden Punkt, den Tampa Bay erzielt, die (Replik-) Kanonen einmal „abgefeuert“. Zudem werden die Flaggen des Schiffes gehisst, sobald das Heimteam in die Nähe der gegnerischen Endzone kommt.
Nun hat die NFL allerdings zum Enttäuschen eines jeden heimlichen Jack Sparrow-Fans festgelegt, dass aus Gründen der Fairness das Piratenschiff still bleiben muss.



Übertragen wird das Endspiel im TV auf Puls 4 & Puls 24 und ProSieben sowie im Stream auf Dazn, Puls 4 und Ran.de – alle Übertragungen starten um 22:40 Uhr mit der Vorberichterstattung.
Wer so lange nicht warten kann, kann auch einfach schon früher Puls 24 einschalten. Den ganzen Samstag und Sonntag werden die besten Super Bowl Spiele der letzten zehn Jahre gezeigt, kuratiert von Walter Reiterer und Michael Eschlböck. Beim Spiel selbst wird New York Giants Runningback Sandro Platzgummer im Puls 4 Studio seine Expertise zum Besten geben.

In den USA live vor Ort werden sich 22.000 Zuschauer in dem Stadion aufhalten, dass eigentlich eine Kapazität von bis zu 75.000 umfasst. Von den Fans vor Ort sind 7.500 Personen aus dem Gesundheitspersonal, denen die NFL für ihren Einsatz gegen Corona Tickets geschenkt hat. In der renommierten Halbzeitshow wird der Kanadier The Weeknd auftreten.
Damit die Fans zuhause aber nicht zu kurz kommen, hat der US-Sender CBS das Stadion mit 120 Kameras verkabelt. Zum Vergleich: ein Spiel der Champions League oder Bundesliga hat zirka 30 Kameras vor Ort. Eine der 120 im Super Bowl ist die sogenannte „Trolley Cam“, die den Blick eines Fans aus der 8. Reihe simulieren soll und an einer Zipline mit bis zu 105km/h von einem Ende des Stadions ans andere flitzen kann. Darüber hinaus kommen die „Venice Cameras“ zum Einsatz, dessen 3D-Video-Spiel-Look NFL-Fans bereits in der laufenden Saison bestaunen konnten, sowie 12 Kameras mit 4k bzw. 8k Bildqualität.

Weniger Trubel, höhere Konzentration

Kein Nachteil ohne Vorteil: Die geringe Auslastung des Stadions macht dieses Kamera-Spektakel erst möglich. Auch für die Konzentration der Spieler ist es von Vorteil, dass der irrsinnige Trubel aus Fans und Medien in dieser Woche vom Corona-Virus eingebremst worden ist. Am Montagabend gab es zum Beispiel statt dem eigentlichen Media-Day nur einen Online-Variation davon. „Gerade für weniger bekannte Spieler ist es sicher besser, dass nur wenig Leute vor Ort sind. Manche der Spieler haben oft gar keine Lust auf den Media Day, da die meisten Journalisten sowieso nur zu den Topstars wollen, aber sie dennoch vor Ort rumstehen müssen“, weiß Ran-Experte und Ex-NFL-Spieler Björn Werner. „Aber ich sehe das bei beiden Teams als einen Vorteil, beide werden eine viel konzentriertere Woche erleben – ähnlicher zur Regular Season als zu anderen Super Bowls. In einem Zoom-Meeting kommt einfach nicht das gleiche Gefühl auf. Keine Sorge: Das Adrenalin schießt dann aber ein, wenn es ins Stadion geht!“

Phänomen gegen Legende

Natürlich steht das Spiel Kansas City gegen Tampa Bay insbesondere im Zeichen des Duells Patrick Mahomes gegen Tom Brady. Yoda gegen Baby-Yoda, Michael Jordan gegen Kobe Bryant oder LeBron James sind Vergleiche, die gezogen werden. Es ist ein Duell der Generationen. Als Tom Brady im Februar 2002 seinen ersten Super Bowl gewonnen hat, war der damals 6-jährige (!) Patrick Mahomes noch nicht einmal Schüler auf der High School in Texas.
Jetzt ist Mahomes im erst vierten NFL-Jahr (er spielt seit drei) und hat bereits Hall-of-Fame-Höhen erreicht mit je einem MVP-Award, Super Bowl-Triumph und Super-Bowl-MVP-Titel. Es ist durchaus legitim, dass Mahomes in einigen (wenigen) Jahren in die Diskussion zum G.O.A.T. (Anm.: Greatest Of All Time) einsteigen wird. Mahomes‘ Spielweise lässt NFL-Fans rund um den Globus jede Woche an der Physik zweifeln, der allen anderen Quarterbacks unterlegen sind.

Nicht alle, aber sehr viele sind der Meinung, dass Tom Brady der G.O.A.T ist. Zu den Hauptgründen zählen seine sechs Super-Bowl-Siege, seine 10 Super-Bowl-Teilnahmen in 21 Saisonen und seine drei MVP-Awards sowie vier Super-Bowl-MVP-Titel. Brady wechselte vor dieser Saison aus dem kalten New England ins sonnige Florida – mitunter um allen Kritikern zu zeigen, dass er auch in einem anderen Team Erfolg haben kann. Nach anfänglichen Schwierigkeiten startete Brady dann durch und feierte gleich in seiner ersten Saison in der NFC den Titel.
Sollte Tampa Bay am Sonntag triumphieren, wird sich die Football-Welt die Frage stellen, ob Brady seinen Helm an den Nagel hängt. Ran-Experte Patrick Esume glaubt nicht daran: „Brady wird nach dem Sieg sagen: ‚Jetzt hol ich mir den 8. Ring!‘ “.

Schlüssel-Matchups

Quarterbacks tragen in der NFL doch eine große Rolle im Erfolg oder Misserfolg des eigenen Teams, aber deren Matchup ist klarerweise nicht das einzige Schlüsselduell am Spielfeld.
Um die Chiefs-Offensive einzubremsen, muss nicht nur Speedster Tyreek Hill gestoppt werden, sondern auch TE Travis Kelce. Hill kann bei jedem Ballkontakt explodieren; das musste die Bucs Defensive in Woche 12 schmerzlich erfahren, als der Receiver im ersten Quarter (!) 203 Yards und zwei Touchdowns gegen Bucs' CB Carlton Davis erzielte. Kelce ist dagegen die sichere Anspielstation über die Mitte – das heißt, dort ist aus Tampa-Sicht die Präsenz des Linebacker-Duos Devin White und Lavonte David gefragt. Auf der anderen Seite wird vieles auf ein Duell von Chiefs‘ Rookie-Cornerback L’Jarius Sneed gegen Bucs‘ WR Mike Evans rauslaufen, der in dieser Saison bisher die Lieblingsanspielstation von Tom Brady ist.

Für NFL Experten: Thema Blitzen gegen Mahomes

Aber das vielleicht wichtigste Duell könnte die Offensive Line der Chiefs gegen die Defensive Line der Buccaneers führen. Im AFC-Championship-Spiel gegen die Buffalo Bills verletzte sich der Linke Offensive Tackle Eric Fisher an einem Achillessehnen-Riss. Jetzt muss Backup Mike Remmers einspringen.
Das hilft natürlich den Mannen aus Tampa Bay, die sowieso über einer der stärkeren Defensive Fronts verfügen: Shaquil Barrett, Vita Vea, Ndamukong Suh und Jason Pierre-Paul bringen auch ohne Extra-Blitzer viel Druck auf den Quarterback. Das wiederrum erfuhr Aaron Rodgers im NFC Championship-Game am eigenen Leib, als er fünfmal zu Boden gebracht wurde. Aber: Warum ist das mit dem Extra-Blitzer so wichtig?
Im Allgemeinen versucht einen NFL-Defensive hin und wieder mit mehr als vier Spieler zum Quarterback zu kommen (das nennt man dann „Blitzen“), um ihn schneller unter Druck zu setzen. Das Problem ist, dass Patrick Mahomes alles andere als normal ist und seine Gegner bestraft, wenn sie ihn blitzen wollen. Simple Mathematik besagt nämlich, wenn du mehr Spieler auf QB-Jagd schickst, dann hast du weniger in der Pass-Verteidigung. Das heißt, es ergeben sich am Feld mehr Eins-gegen-Eins-Matchups zwischen den Receivers und Cornerbacks. Esume erklärt: „Was das heißen kann, fragt man am besten [Carlton] Davis.
Mahomes‘ Statistiken gegen blitzende Defensiven lassen sich sehen und sind im NFL-Vergleich eine Klasse für sich:

  • Touchdowns: 15
  • Interceptions: 0
  • Passer-Rating: 135,6
  • Yards per Passversuch: 9,5

Der ehemalige Defensive End Björn Werner analysiert das Dilemma aus Sicht vom Todd Bowles, dem Defensive Coordinators der Buccaneers: „Zuerst lass ich meine vier Jungs vorne Druck ausüben. Wenn das klappt, spitze! Das war gegen die Packers der Fall und für mich der Knackpunkt in dem Spiel. Wenn das allerdings nicht klappt, brauche ich einen alternativen Gameplan. Das ist der Super Bowl, da zählt alles und ich muss auf alles vorbereitet sein.“ 

Für alle Besserwisser noch eine Information am Rande: Grundsätzlich lassen die Chiefs ihre Offensive Line weiter auseinander stehen, als die meisten anderen Teams in der NFL. So erkaufen sie sich mehr Zeit außen rum (denn die Pass-Rusher haben einen längeren Weg zu laufen), sind allerdings etwas anfälliger durch die Mitte. Dadurch, dass Mahomes gegen den Blitz so gut ist, kommen allerdings selten zusätzliche gegnerische Spieler von dort angerannt.

Für Esume ist es damit klar: „Die Chiefs gewinnen das. Sie haben einfach zu viele Waffen in der Offensive, um alle verteidigen zu können.“ Björn Werner ist sich weniger sicher: „In keinen Super Bowl gibt es für mich einen klaren Favoriten, beide Teams sind zu gut dafür.“ Auf alle Fälle kann man sich auf ein spannendes Finale freuen, in dem (wieder einmal) Geschichte geschrieben wird. Unter den Buchmachern sind die Chiefs leichte Favoriten, aber Tom Brady darf man niemals abschreiben.