Nach harten Trainingswochen in den Reihen der New York Giants wird es für den Running Back aus Tirol nun ernst. Am Samstagabend (22.00 Uhr MESZ) erfolgt der Cut. Sandro Platzgummer darf hoffen, er sieht die kommende Saison aber darüber hinaus als Lernjahr.
"Ich habe mein Bestes gegeben in dieser Situation. Ich werde jede Entscheidung respektieren und freue mich auf alles, was dann noch kommt", sagte der 23-Jährige am Mittwochabend in einer Videokonferenz mit Medienvertretern. 53 Auserwählte bilden in jedem NFL-Team den Kader. Seit August trainierten die Giants im Camp im Florida mit 80 Mann - plus Platzgummer. Der Österreicher nimmt als Teil des Pathway-Programmes für internationale Spieler eine Art Sonderrolle ein.
Sollte der Sprung nicht gelingen, wäre es für den Innsbrucker demnach nicht das Ende. Er könnte dann weiterhin beim vierfachen Superbowl-Sieger mittrainieren, allerdings nicht zum Einsatz kommen. Nächstes Jahr würde es eine neue Chance geben. "Es ist mein erstes Jahr, es gibt nur sehr wenige Spieler, die gleich sehr erfolgreich sein können. Dass ich heuer aufs Feld komme, ist eine relativ geringe Wahrscheinlichkeit allgemein", machte sich Platzgummer keine allzu großen Hoffnungen, in der kommenden Donnerstag startenden Saison auf dem Spielfeld zu stehen.
Schwierig machte die Lage die Absage der Preseason. Aufgrund der Coronakrise konnten Vorbereitungsspiele heuer nicht stattfinden. Dabei wären gerade diese die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Der 1,83 m große Platzgummer erhofft sich über die "Special Teams" als Returner Einsatzzeit. Diese kommen in erster Linie beim Kick-off aufs Feld. "Das wird für mich der Weg sein. Als Running Back ist es schwierig, weil sehr viele talentierte Spieler da sind", berichtet der ehemalige Akteur der Swarco Raiders Tirol.
Einer davon ist Saquon Barkley. Der aus der Bronx stammende 23-Jährige ist eines der Gesichter der Giants. Platzgummer berichtete nur das Beste über den Teamkollegen: "Er behandelt mich und die andere Rookies ganz normal und ist extrem freundlich. Es wird ein toller Leader für das Team sein." Wie US-Medien diese Woche berichteten, sprang Barkley dem Österreicher zuletzt im Training zur Seite, nachdem dieser bei einer Einheit unsanft von den Beinen geholt wurde.
Der Weg von Platzgummer in den "Big apple" dauerte fast ein Jahr. Er und der Wiener Bernhard Seikovits (Vikings) überzeugten beim internationalen NFL Combine in Köln im Herbst des Vorjahres. Während Seikovits im letzten Auswahlverfahren im Jänner auf der Strecke blieb, ereilte Platzgummer im April die erfreuliche Kunde, bei den Giants ins Trainingscamp einrücken zu dürfen. Nur vier Plätze vergibt die NFL jede Saison an Spieler aus dem Pathway-Programm.
Covid-19 bedeutete freilich auch für den Tiroler eine turbulente Zeit. Nach seiner Abreise aus Österreich standen erst einmal drei Wochen Quarantäne an. "Ich wusste bis Ende Juli nicht, ob die NFL-Saison überhaupt gestartet wird." Eine "Bubble" wie in der NBA ist in der NFL nun nicht geplant. Dies sei laut Platzgummer aufgrund der vielen Spieler und Betreuer pro Team unrealistisch. Auch würde ein positiv getesteter Profi ohnehin rasch isoliert werden. "Man hat jeden Tag Coronatest. Jeder hat Tracker, das ist alles sehr genau. Es gibt auch Vorgaben, was man nicht machen sollte."
Im Trainingscamp in Florida ging es zuletzt ans Eingemachte. "In der NFL heißt es jeden Tag, Vollgas zu geben. Nicht nur an zwei Tagen am Wochenende, sondern sechs Wochen lang." Neuer Coach der Giants ist der 38-jährige Joe Judge. Der ehemalige Assistenztrainer der New England Patriots gilt als harter Geselle. Platzgummer freut sich über jeden Ratschlag, den er erhält. "Er arbeitet sehr detailliert. Die besten Lehrer in der Schule sind meistens die strengsten. Er ist ein strenger Trainer, aber ein sehr guter."
Platzgummer könnte Historisches schaffen, hatten doch zuvor mit Toni Fritsch, Toni Linhart und Raimund Wersching nur drei österreichische Kicker den Sprung in die NFL geschafft. Fritsch und Linhart kamen aus dem Fußballbereich. Wersching gewann 1981 und 1984 die Super Bowl, Fritsch holte sie 1972 und stand 1976 ein weiteres Mal im Finale.