Steve Kerr ist gewöhnlich kein Mann, der zum Poltern neigt, der Trainer von US-Basketballmeister Golden State Warriors wählt seine Worte mit Bedacht und Ausgewogenheit. Doch am vergangenen Sonntag hielt Kerr die Zeit für gekommen, sich markiger Worte zu bedienen. Donald Trump sei "wahnsinnig", sagte Kerr bei einer Pressekonferenz, der Präsident habe alle möglichen Grenzen überschritten, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung in Alabama vermeintlich "unpatriotische" Athleten hart angegangen war. Unpatriotisch, so Kerr, seien nicht diejenigen Sportler, die sich durch öffentliche Gesten gegen Rassismus in Amerika aussprächen. Unpatriotisch sei der Rassismus, der da gerade aus dem Weißen Haus komme.
Kerr fühlte sich bemüßigt, sich direkt zu Wort zu melden, weil Trump seine Mannschaft bei seiner Brandrede von Alabama direkt angegangen war. Spieler der Warriors hatten sich kritisch zu Trump geäußert, und nachdem die Mannschaft im Juni die Meisterschaft gewonnen hatte, überlegte sie offen, ob sie die traditionelle Einladung ins Weiße Haus ablehnen sollte. Letztstand: hinfahren und Trump direkt die Meinung sagen. "Trump ist schließlich ein öffentlicher Bediensteter und ist uns Rede und Antwort schuldig", sagte Kerr.
Vom Präsidenten ausgeladen
Diese Gelegenheit wird es nicht mehr geben, Trump hat die Einladung vor seinen Fans im tiefen Süden widerrufen. Und war damit noch nicht fertig. Nachdem er die Warriors rund um Superstar Stephen Curry, einen der populärsten Sportler des Landes, abgefertigt hatte, war die US-Football-Liga NFL dran. Dort macht sich seit Monaten die Praxis breit, beim Abspielen der Nationalhymne niederzuknien, statt mit der Hand auf dem Herzen die Fahne zu ehren. Die Geste begann als Protest gegen Polizeigewalt, weitet sich jedoch jetzt immer stärker auch als Unmutsbekundung gegenüber der Regierung aus. Diese "Hurensöhne", stachelte Donald Trump seine Wählerbasis an, gehören umgehend gefeuert. Trumps Versuch, die Liga und ihre Spieler einzuschüchtern, hatte zunächst jedoch einmal den entgegengesetzten Effekt bewirkt.
Bei den Sonntagsspielen knieten ganze Mannschaften beim Abspielen der Hymne nieder oder betraten erst nach der Hymne das Feld. Und selbst Teambesitzer, die Trump politisch wohlgesinnt sind, reagierten stachelig. „Ich bin vom Ton der Bemerkungen des Präsidenten tief enttäuscht“, sagte der Besitzer der New England Patriots, Robert Kraft, ein langjähriger persönlicher Freund Trumps. Ligachef Roger Goodell meinte, Trumps Worte seien „polarisierend“ und missachteten die Tatsache, dass die Teams und die Spieler in der überwiegenden Mehrheit darum bemüht seien, „in unserer Gesellschaft positive Veränderungen herbeizuführen“. Trump hat es mit seiner Bemerkung geschafft, das gesamte US-Sport-Establishment gegen sich aufzubringen.
Die Hoffnung auf den einigenden Moment
Basketballsuperstar LeBron James twitterte, „dass es eine Ehre war, ins Weiße Haus eingeladen zu werden, bis dieser Penner da eingezogen ist“. Football-Star Douglas Baldwin schrieb: „Ich hoffe, das wird ein einigender Moment für den US-Sport. Ich hoffe, wir Athleten können am Beispiel des Präsidenten zeigen, was passiert, wenn man ignorant, ungebildet und engstirnig bleibt.“ Ob Trumps Bemerkungen zu einer Einigung des Sports führen, bleibt freilich noch abzuwarten. Die zunehmende Politisierung insbesondere schwarzer Spieler hat den Sport vor eine Zerreißprobe gestellt. Trump hat zweifelsohne Einstellungen artikuliert, die unter den Fans vorhanden sind. So waren am Sonntag in den Stadien auch viele Schilder zu sehen, die Trumps Bemerkungen zustimmten. Die Fans der New England Patriots buhten die Spieler aus, die während der Hymne niederknieten.
Jetzt forderte Trump diese Fans auf, abzuschalten, solange die Spieler die Fahne nicht grüßen. Viele haben das bereits getan, die Einschaltquote der NFL sank in letzter Zeit stetig. Im Basketball ist die Lage besser, der Widerstand gegen Rassismus und Trump auch durch Superstars wie Curry und James hat der Quote nicht geschadet. Das liegt auch daran, dass die NBA-Fans zu weniger als 50 Prozent weiß sind. Die der NFL hingegen sind zu 83 Prozent weiß.