Toni Fritsch, Anton Linhart und Raimund Wersching sind die bisher einzigen Österreicher, die es in die National Football League (NFL) geschafft haben. Der Wiener Aleksandar Milanovic will unbedingt der vierte sein, wäre aber dennoch ein Pionier. Immerhin ist er kein Kicker wie das Trio, sondern ein Offensive-Line-Spieler.

Begonnen hat die sportliche Karriere des 22-Jährigen nicht mit Football, sondern mit Fußball und Judo. Durch einen Klassenkollegen landete er beim amerikanischen Nationalsport Nummer eins: "Ich habe gedacht, ich kann das auch machen, immerhin bin ich ein großer Bub. Außerdem haben mir Football-Filme getaugt." Im Herbst 2005 ging er deshalb zum Try-out der Vikings. In der Offensive Line, wo es richtig zur Sache geht, wurde er von Beginn an eingesetzt.

Einberufungen in Österreichs Nachwuchs-Nationalteams folgten, 2008 wurde man auch international auf ihn aufmerksam. Nach dem HTL-Abschluss hat er den Sprung in die USA gewagt, seit 2011 studiert er am Sacramento State College Politikwissenschaft und internationale Beziehungen. Und spielt im College-Team Football. 29 Mal stand er bislang in der Startformation. "Normalerweise dauert es zwei Jahre, bis man spielt. Aber ich hatte das Glück, dass ältere Spieler aufgehört haben und ich mich sofort beweisen konnte."

Schwarze Finger

Die Härten des Geschäfts hat der Wiener schon kennengelernt. Im November verlor er bei einem Spiel das Gefühl in zwei Fingern. "Sie sind schwarz geworden. Ich wurde dann operiert." Auch eine Knöchelverstauchung hat er schon erlitten. Eine Pause kommt aber nicht infrage, "dann spielt man mit Schmerzmitteln. Man muss nachdenken, wer der Bankwärmer ist. Und der ist nicht so gut wie ich. Ich will das Beste für das Team", sagt er. "Wenn es nicht geht, dann geht es eh nicht. Aber das hat auch viel mit der persönlichen Einstellung zu tun."

Milanovic ist sich durchaus bewusst, dass ein Leben als Football-Profi auch Konsequenzen mit sich bringen wird. "Football kostet mich fünf Jahre meines Leben. Das ist klar." Dafür erlebt er Momente, von denen andere Sportler nur träumen dürfen. Im Auswärtsduell gegen Arizona State spielte der 22-Jährige etwa vor mehr als 70.000 Zusehern. "Das ist einfach surreal. Auf dem Feld merkt man das gar nicht. Aber die Kulisse war wirklich arg. Und wenn Arizona einen Touchdown gemacht hat, dann gab es immer ein Feuerwerk in Form eines Dreizacks."

Bei Heim-EM nur Zuseher

Bis Milanovic vielleicht den Sprung in die NFL schaffen könnte, wartet noch ein weiter Weg auf ihn. "Ich kann meine Chancen nicht einschätzen. Das hängt vom Moment ab", sagt Milanovic. "Wichtig wird sein, weiterhin zu trainieren, sich nicht zu verletzen und einen guten Agenten zu finden. Größe und Gewicht habe ich, der Feinschliff fehlt noch." Zusätzlich wäre es wichtig, noch viele Spiele zu absolvieren und Titel zu holen. "Und viel Glück zählt auch dazu. Man muss im richtigen Moment den richtigen Eindruck machen."

Für die Europameisterschaft, die von 30. Mai bis 7. Juni in Österreich stattfindet, hat er ein Teilnahmeverbot von seinem College-Trainer erhalten. "Am Anfang war ich böse auf ihn. Aber dann habe ich eingesehen, dass eine Teilnahme egoistisch wäre. Der Coach meinte, ich bin seine Investition und habe großes Potenzial." Verzicht muss Milanovic aber nicht nur bezüglich der EM üben. Auch das Skifahren lässt er seit vier Jahren bleiben. Bei der EM wird Milanovic trotzdem dabei sein – als Zuseher. "Darauf freue ich mich schon."