Am Ende musste Elisabeth "Eli" Egger noch ein wenig Geduld haben. Als sie am letzten der 15 Wendepunkte des Rennens auf der Schmittenhöhe ankam, zog ein Gewitter durch. "Da wollte ich nicht mehr weiterfliegen, die letzten zehn Kilometer waren schon ein bisschen unheimlich", sagt sie mit einem Lachen. Das Ziel auf dem Zeller See war in Sichtweite, als sie ihre Unterschrift auf die letzte Checkliste setzte.

Zehn Tage und vier Stunden waren da seit dem Start der Red Bull X-Alps bereits verstrichen und es fehlten noch magere 4,8 Kilometer bis zum Ziel, einem Floss auf dem See – es war ein historischer Moment.

Egger war im Begriff, die erste Frau in der Geschichte des Rennens zu werden, die das Ziel innerhalb der vorgegebenen Zeit erreicht. "Ich hoffe, dass ich damit vielleicht auch andere Mädels motivieren kann. Weil ich gezeigt habe, dass man auch als Leichtgewicht gewisse Nachteile ausmerzen kann, wenn man das richtige Team hinter sich hat." Dementsprechend gut war trotz des schlechten Wetters die Laune und die ließ sie sich vom Wetter nicht vermiesen: "Das ist der erste Regen. Da war ich schon ein Glückskind."

Insgesamt 2277,56 Kilometer hat die 28-Jährige seit dem Start in Kitzbühel hinter sich gebracht. Mit dem Paragleitschirm (55:54 Stunden) flog sie 1997,98 Kilometer, zu Fuß (61:36 Stunden) legte sie 279,58 Kilometer zurück. "Ich kann mein Gefühl noch nicht ganz einordnen, aber ist Wahnsinn. Noch habe ich es nicht ganz realisiert."

Elisabeth Egger beim Aufstieg nahe der Drei Zinnen. Die Flüge im hochalpinen Gelände meisterte sie mit Bravour
Elisabeth Egger beim Aufstieg nahe der Drei Zinnen. Die Flüge im hochalpinen Gelände meisterte sie mit Bravour © Red Bull Content Pool

Aufgeben ist keine Option

Doch erst musste der Regen aufhören, um die letzte Etappe fliegen zu können – was er nach etwa einer Stunde tat. Der Abstieg zu Fuß blieb ihr so erspart. Egger durfte den Schirm zum persönlichen Triumphflug auspacken. "Es ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Das hätte ich mir in 100 Jahren nicht erträumen können." Auch in harten Momenten – etwa der schweren Passage im Schnee auf dem Cima Tosa – dachte sie nicht an einen Abbruch: "Aufzugeben entspricht nicht meiner Philosophie. Ich bin eine Kämpfernatur und daher war es keine Option. Mir war immer nur wichtig, dass das ganze Team dahintersteht." Das Rennen führte die Teilnehmenden durch insgesamt fünf Länder, vorbei am Piz Buin, dem Mont Blanc, dem Col du Petit Saint Bernard und den Drei Zinnen.

Aber am Ende wurde die Steirerin doch noch nass. Bei schweren Bedingungen berührte sie das Floß und tauchte dann in den See ein. Nach zehn Tagen, fünf Stunden und ein paar Minuten war sie am Ziel.

Weiß-grün stark vertreten

Das Boot fischte sie sofort aus dem Wasser und Egger durfte sich auf dem wackeligen Floß feiern lassen – der Dank galt dem Team. "Unbeschreiblich. Das ist einfach nur verrückt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das schaffe."

Eine erste, vorsichtige Erleichterung im Rennen kam gut drei Tage vor dem Finale. Da wusste Egger, dass sie es mit einem schnellen Schritt innerhalb der Karenzzeit schaffen würde. "Dass ich es wirklich schaffen werde, habe ich erst richtig realisiert, als ich da oben gestartet bin." Dass in Zell dann "Steiermark" über die Lautsprecher lief, war nicht verwunderlich.

Weiß-grün war bei dieser Ausgabe aber ohnehin in Mode. Denn Egger kam als 21. des gesamten Bewerbs an und mit ihr haben es alle vier steirischen Athleten ins Ziel geschafft. Der Grazer Simon Oberrauner (6 Tage 21 Stunden) belegte den sechsten Platz, sein Kompagnon Thomas Friedrich (11./7 Tage) und Paul Guschlbauer (13./7 Tage 1 Stunde) lieferten sich noch einen harten Zielsprint.