Die Olympia-Generalprobe der Judoka in Tokio hat Österreich nicht die ersehnte Einzelmedaille gebracht. Die einzige Platzierung bei der WM erreichte Michaela Pollerers als Fünfte in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm. Der ebenfalls mit Medaillenhoffnungen angetretene Stephan Hegyi unterlag am Samstag zum Abschluss der Einzelbewerbe in der zweiten Runde. Am Sonntag folgt noch der Teambewerb.
Die Auslosung für Hegyi in der Kategorie über 100 Kilogramm war ein "Wahnsinn", wie es Herren-Nationaltrainer Patrick Rusch nannte. In der Auftaktrunde wartet mit Ushangi Kokauri aus Aserbaidschan der Vize-Weltmeister, den der Wiener beim bisher erstem Aufeinandertreffen zuletzt bei der EM in Minsk im Bronzekampf geschlagen hatte. Auch im Nippon Budokan ging er nach Ippon als Sieger von der Matte. Danach wartete mit dem Japaner Hisayoshi Harasawa der Olympia-Zweite, der an diesem Tag nicht zu schlagen war.
"Ein Japaner in Japan, ich wusste, das wird schwierig. Ich habe versucht, ihn müde zu machen, ich hätte mehr attackieren müssen. Über die Ausdauer wäre es machbar gewesen", meinte der 21-jährige Hegyi. Er weiß, woran er für die Sommerspiele nächstes Jahr noch arbeiten muss. "Technik, Kraft, Ausdauer. Ich muss um einiges stärker werden."
Aus dem zwölfköpfigen Team an einer Medaille dran war Polleres, für ihre zweite WM ist sie aber zufrieden. Ihr Fokus liegt nun auf Grand-Slam-Turnieren und Masters, sie liegt aussichtsreich im Olympiaranking, muss nicht mehr allzuviel machen und vor allem keine kleineren Turniere mehr kämpfen. "Es ist cool, die Halle und alles gesehen zu haben und zu wissen, wie die Wege von der Aufwärmhalle auf die Wettkampfmatte sind", erklärte die 22-jährige Niederösterreicherin. Die Matten sind übrigens hellblau und nicht wie üblich gelb, das wird als weicher und angenehmer für die Augen angesehen.
Sechs ÖJV-Kämpfer hatten vor der WM einen fiktiven Olympia-Quotenplatz inne, mit 31. Mai 2020 wird abgerechnet, die Top 18 der bereinigten Ranglisten (nur einer je Nation) sind dann direkt für die Sommerspiele qualifiziert. Namentlich sind das laut aktuellem Stand Sabrina Filzmoser (bis 57 kg), Magdalena Krssakova (-63), Polleres und Bernadette Graf (-78) sowie Laurin Böhler (-100) und Hegyi.
Die Weltmeisterschaften haben mit den satten Punkten natürlich große Auswirkungen. Am ÖJV-Plan, ein großes Team für Tokio zu qualifizieren, sollen sie aber nichts ändern. Vielmehr hofft Trainer Rusch, dass auch in der Kategorie bis 81 Kilogramm mit Shamil Borchasvili (bis 81 kg) noch ein Athlet dazu kommt. "Wir werden mitkämpfen um das Ganze. Seit Rio hat sich viel getan, unser Team ist an Qualität gewachsen." Nächste Turniereinsätze sind Taschkent, Abu Dhabi, Perth und Osaka.
Im Teambewerb am Sonntag ist Österreich gegen Frankreich krasser Außenseiter. "Kampflos geben wir das aber nicht auf, jeder kann über seine Grenzen hinauswachsen." Voraussichtlich wird es aber wohl dabei bleiben, dass Österreich bei Judo-Weltmeisterschaften weiter auf die erste WM-Medaille seit 2010 warten muss, als Filzmoser in Tokio Bronze gewann.
Birgit Egarter/APA aus Tokio