Ab Montag läuft in Singapur die Schach-Weltmeisterschaft. Der Chinese Ding Liren, amtierender Weltmeister, muss sich seinem indischen Herausforderer Gukesh Dommaraju stellen. Und der 31-jährige Chinese ist gegen seinen 18-jährigen Konkurrenten der krasse Außenseiter. 14 klassische Partien werden gespielt, wer zuerst 7,5 Punkte erreicht, ist Weltmeister.

Warum Ding krasser Außenseiter ist, ist schwer zu erklären. Sein Einbruch seit Frühjahr 2023, als er Weltmeister wurde, ist brutal. Mittlerweile ist der Chinese in der Weltrangliste nicht mehr unter den besten 20 zu finden, hat seit Jänner keine klassische Schachpartie mehr gewonnen. „Ich gehe ganz klar als Außenseiter in dieses Match. Ich hoffe, dass ich meinem Gegner zumindest einen Kampf liefern kann. Aber ich mache mir Sorgen, dass ich sehr hoch verlieren könnte“, sagt der Weltmeister. Ding Liren leidet an Depressionen, geht offen mit seiner Krankheit um. Zuletzt hat er in Interviews immer wieder von Schlafproblemen und Medikamenten berichtet. Die Trennung von seiner Freundin würde ihn am Schachbrett ebenso hemmen.

Damit ist Gukesh der klare Favorit. Dass ein Inder den Weltmeistertitel zurück ins Mutterland des Schachs holt, war nur eine Frage der Zeit. In der Weltrangliste finden sich drei Inder unter den besten Zehn. Gukesh liegt mit 2783 Elo am fünften Rang der Weltrangliste. „Ich freue mich auf das Match“, sagt der 18-Jährige, der Indien bei der Schach-Olympiade zu Gold geführt hat. Gukesh kommt aus der indischen Hauptstadt Chennai, entstammt einer Akademikerfamilie. Sein Vater, ein HNO-Arzt, hat für die Karriere des Sohnes seinen Beruf aufgegeben. Seit er elf Jahre alt ist, hat Gukesh die Schule kaum noch besucht und alles auf die Karte Schach gesetzt. Mit Erfolg.

Wenn sich Gukesh im dreiwöchigen Zweikampf mit Ding Liren durchsetzt, ist er der jüngste Weltmeister der Schachgeschichte. In Indien ist der WM-Kampf jedenfalls seit Wochen Topthema. Gukesh soll in die Fußstapfen von Viswanathan „Vishy“ Anand treten, Anand war der erste indische Weltmeister und musste seine Krone erst 2013 an Magnus Carlsen abgeben. Jedoch ist der 54-Jährige aktuell noch immer die Nummer zehn der Welt.

Dass Carlsen – nach wie vor Nummer eins der Weltrangliste – nicht Weltmeister werden kann, liegt daran, dass der Norweger nach seinem Gewinn des WM-Kampfes 2021 gegen Ian Nepomnjaschtschi freiwillig auf die Titelverteidigung verzichtete. Zu sehr würde so ein WM-Kampf an den Kräften zerren, Carlsen hätte mehr Freude an anderen Formen des Schachs. Vor Kurzem duellierte er sich mit Fabiano Caruana in Singapur im Freestyle-Schach – eine Spielform, in der die Grundaufstellung der Figuren vor Beginn ausgelost wird. Carlsen gewann dank eines Sieges und eines Remis.