Man kann es so offen sagen: Es ist kompliziert. Oder auch: Die Situation rund um die Neuwahlen im Österreichischen Olympischen Comitée (ÖOC) ist eskaliert. Die Kurzzusammenfassung: Man war auf der Suche nach einem neuen Vorstand, den eine eingesetzte Wahlkommission finden sollte. Diese nahm sich Zeit, forderte lange Bewerbungsschreiben, führte Interviews, evaluierte – und präsentierte schließlich einen Vorschlag, der auf den ersten Blick ein feiner war: Der Vorstand wäre deutlich verjüngt, der Frauenanteil verdoppelt.
Dann kam der zweite Blick. Und das „Aber“ des amtierenden Präsidenten Karl Stoss, dessen Position im Prinzip nie zur Diskussion stand: Der Vorschlag sei da, aber mit ihm habe man nicht geredet. Und er hätte sich schon erwartet, bei der Auswahl des Teams, mit dem er arbeiten soll, mitzureden. Den Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, den wolle er nicht. Flugs gab es eine abgeänderte Variante mit leichter Verschiebung der Funktionen innerhalb des auserwählten Personenkreises - wieder nicht zu Stoss’ Gefallen.
Und weil man diese Version angeblich in manch Medien lesen konnte, bevor sie der amtierende Vorstand zu Gesicht bekam, sprach man der Wahlkommission in Gesamtheit das Misstrauen aus. Heißt: Am 14. Juni wird eine neue Kommission gesucht, die einen anderen Vorschlag ausarbeiten soll. Gewählt würde aber definitiv noch 2023, das muss schließlich so sein.
Seither fliegen die Hakeln tief. Die Kommission, unter Vorsitz von Union-Präsident Peter McDonald, verteidigt sich per Brief, jedes Wort, jede Äußerung jeder Seite wird für sich verwendet. Und als Zünglein an der Waage trat auch noch die Athletenkommission auf den Plan. Deren Vorsitzender Matthias Guggenberger, Ex-Skeleton-Pilot, ist in der Zwischenzeit Trainer bei den Briten, Hauptkonkurrent in Europa. Darum wurde er ebenso hinterfragt wie die zwei Stimmen, die den Athletinnen und Athleten zustehen. Woraufhin auch die Kommission der Sportler Briefe schrieb.
Am Montag wollte Karl Stoss Klärung schaffen, seine Sicht der Dinge kundtun. Und sprach davon, dass sich unter seiner Ägide im ÖOC viel zum Besseren gewandelt habe (das steht übrigens außer Streit). Davon, dass er nun 14 Jahre ehrenamtlich die Position bekleide, sogar seine Flüge selbst bezahle bzw. diese vom IOC bezahlt würden (mit einer Ausnahme in 14 Jahren). Davon, dass er davon ausgegangen sei, dass man ihn deswegen einbeziehe in die (Aus-)Wahl des neuen Vorstandes, insbesondere des Präsidiums.
Davon, dass er jedenfalls „noch zwei Jahre aktiv mitgestalten wolle, auch, um den Übergang (zum Nachfolger, Anm.) vorzubereiten“. Auch davon, dass er mit vielen Vorschlägen kein Problem habe, sich sogar noch mehr Frauen im Vorstand wünsche – aber eben im Präsidium „mit Leuten arbeiten will, mit denen ich eine Vertrauensbasis habe“.
Max-Theurer als "Pflicht"?
Konkret fordert er, dass Elisabeth Max-Theurer, schon 18 Jahre im Amt, weiter Vizepräsidentin bleiben solle. Und davon, dass er nicht alles dulden wolle: „Ich habe das gern gemacht für 14 Jahre, wenn man etwas anderes wünscht, dann gern. Dann brauchen wir Anträge, die die Mehrheit finden müssen.“
Diese Anträge könnte es nun geben. Denn fünf Verbände (Schwimmen, Basketball, Turnen, Golf, Ringen) beriefen eine außerordentliche Hauptversammlung des ÖOC ein - das können sie lau Statut. Der Antrag kam zeitgerecht zum angesetzten Termin von Stoss. Die muss binnen vier Wochen stattfinden, wohl während der European Games. Offen ist, was dort beantragt wird, klar ist: Spätestens dort muss das passieren, was bisher offenbar fehlte: Kommunikation miteinander.
Man könnte noch viel Schreiben über die, in diesem Fall sprichwörtliche, fernmündliche Auseinandersetzung. Man könnte spekulieren, was der Hintergrund der jeweiligen Seiten sei. Man könnte mutmaßen, ob "das Establishment" im Recht sei oder doch die "Rebellen". Die haben schon vor zwei Jahren versucht, das "System Sport" in Österreich aufzubrechen. Damals gründeten sie die "IG Sport", die Interessensgemeinschaft Sport und wollten auf Missstände im Förderwesen hinweisen. Um diese Bewegung ist es ruhiger geworden. Nun setzt man an, das ÖOC zu übernehmen und "demokratischer" aufzustellen.
"Viele", sagten sie, hätten sie aufgefordert, diesen Schritt zu gehen, sagte Figl. Man darf gespannt sein, wie sich der Kampf weiterentwickelt.