Noch nie in ihrer Karriere war Mikaela Shiffrin so gehäuft mit den Buchstaben DNF konfrontiert. Did not Finish, also nicht im Ziel. Für die US-Amerikanerin wurden die Olympischen Spiele in China zum sportlichen Desaster. Nach den Ausfällen in ihren Paradedisziplinen Riesentorlauf und Slalom schrieb sie in Super-G. (9.) sowie Abfahrt (18.) zumindest an und nach dem Ausscheiden im Kombislalom auf dem Weg zu Gold gestand sie: "Das fühlt sich alles nur noch wie ein Witz an."
So locker habe sie sich gefühlt, so ohne Druck nach dem, was bisher bereits passiert war. Der Plan habe gelautet, fokussiert zu bleiben und ein gutes Skifahren zu zeigen. Und von diesem Loch auf der Piste habe sie per Funk von den Trainern gewusst. "Ich gebe dem Loch nicht die Schuld, viele andere haben es auch geschafft", musste die 26-jährige Shiffrin eingestehen.
Sie zählte alle möglichen Gründen für ihr Scheitern auf, meinte dann aber. "Wie auch immer. Ich habe es nicht ins Ziel geschafft. 60 Prozent der DNF meiner ganzen Karriere sind bei diesen Olympischen Spielen passiert." Shiffrin hat bei Winterspielen bisher zuvor immer abgeliefert, 2014 wurde sie in Sotschi Slalom-Olympiasiegerin, 2018 gewann sie in Pyeongchang Gold im Riesentorlauf und Silber in der Kombination.
Natürlich habe sie sich vor dem Kombislalom gefragt, ob sie es diesmal durch den Kurs schaffen werde. Am Druck sei es aber nicht gelegen, den habe sie nicht mehr oder weniger gespürt als zuvor in ihrer Karriere. "Ich verstehe das nicht und ich bin mir nicht sicher, wann ich eine Erklärung dafür haben werde. Ich kann nicht erklären, wie frustrierend es ist, nicht zu wissen, was ich aus dem heute lernen kann. Das ist alles so enttäuschend."
Man könne noch so gut vorbereitet sein, noch so viel Selbstvertrauen haben, manchmal funktioniere es, manchmal nicht. "Ich habe keine Idee, warum ich mir das immer wieder antue. Speziell nach einem Tag wie heute. Aber ich werde morgen wiederkommen und Parallel-Riesentorlauf trainieren, so eine Idiotin bin ich. Ich weiß nicht, warum wir das tun, aber gute Schwünge zu zeigen, fühlt sich wunderbar an." Sie wünschte, sie hätte dies zeigen können, sagte die Führende im Gesamtweltcup.
Es werde nun eine Menge darüber geredet werden, wie sensationell sie während dieser Wochen, als es am meisten darauf ankam, versagt habe. "Es ist komisch, aber ich fürchte mich nicht davor. Vielleicht weil ich emotional keine Kraft mehr habe." Aber sie werde nicht für den Rest ihrer Karriere Ausfälle produzieren, sie werde ihre mentale Stärke zurückgewinnen. Eine Medaille mit der Mannschaft würde dabei sicherlich helfen - oder vielleicht reicht sogar einfach eine Zeit hinter dem Namen anstatt eines DNF.