Dass Kunstbahnrodlerin Madeleine Egle mit der Konkurrenz heuer Schlitten fährt und ihre Hebel augenscheinlich Siegesserienpotenzial haben, ist allgemein bekannt. Allerdings will die fünffache Saisonsiegerin die Favoritenrolle in Peking am liebsten weit von sich wegschieben. "Es gibt so viele Athletinnen, die Chancen auf das Podium haben, allen voran Gesamtweltcupsiegerin Julia Taubitz. In Anbetracht der schonungslosen Konkurrenz darf man sich keine Fehler leisten", erklärt die 23-Jährige, die beim Olympia-Testevent im Eiskanal von Yanqing neue Maßstäbe setzte. Mit ihrem ersten Erfolg im Weltcup sowie dem ersten einer Österreicherin seit 1997 sorgte sie für eine Sensation.
Dabei hätte die Karriere der Wintersportlerin beinahe mit 14 Jahren ihr jähes Ende gefunden, als sich Egle bei einem Trainingssturz auf ihrer Heimbahn in Igls einen fünffachen Trümmerbruch im Oberschenkel zugezogen hat. Wobei schwerer als die körperlichen Verletzungen stellten sich letztlich die seelischen heraus. "Der Weg zurück war mich für extrem hart, da ich zwei Jahre gebraucht habe, bis ich wieder mit Vollgas fahren konnte. Am Anfang war es für mich unmöglich, dass ich die Bahn im Kopf durchgehen konnte, da es mental herausfordernd war, dort hinunterzufahren. Ich bin besten damit vertraut, was es bedeutet, sich überwinden zu müssen", verdeutlicht die Heeressportlerin, deren „Speedrekord“ bisher bei 133 km/h liegt.
Die Tirolerin ist eine Perfektionistin, die Videostudien akribisch analysiert, da die Verinnerlichung eine essenzielle Rolle spielt. Herumgetüftelt wird quasi permanent. "Unser Sport entwickelt sich so schnell weiter, da muss man ständig auf der Hut sein", sagt die amtierende Vize-Europameisterin, die auf ausgewogene Ernährung achtet. Des Weiteren ist die 23-jährige Team-Weltmeisterin ihre größte Kritikerin, "da ich immer an allen kleinen Dingen noch feile. Doch es ist ja nichts Schlechtes, wenn man noch etwas findet, das man verbessern kann", unterstreicht "Madi", die privat gern mal zur "Rockerbraut" wird und auf Festivals den Alltag hinter sich lässt. Ein absolutes No-Go sind für die Rinnerin "falsche Menschen. Ich bevorzuge es, wenn mir jemand direkt ins Gesicht sagt, dass er mich nicht mag".
Die Wirtschaftsstudentin weiß eben genau, was sie will. Kommenden Montag bestimmt ebenso, wenn die ersten zwei von vier Läufen absolviert werden. Neben der Tirolerin, die mit einer Größe von 1,85 die Größte im Feld ist, sind bei den Damen noch Hannah Prock und Lisa Schulte im Einsatz.