Einen guten Strategen zeichnet aus, dass er auf sein Erfahrungspotenzial setzt, dennoch ist er stets offen für Neues. Ski-Freestyler Matej Svancer zählt definitiv zu dieser Spezies, obwohl er gerade einmal 17 Jahre alt ist. Diese Charaktereigenschaft nützt er einerseits, wenn er auf der Suche nach dem perfekten Schachzug ist – sein Schachbrett darf auf seinen Reisen nie fehlen - und klarerweise beim Ski-Freestyle. Der gebürtige Tscheche, der Anfang des vergangenen Jahres die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt ist nämlich der Shootingstar schlechthin. Nach seinen beiden Saisonsiegen avancierte er im Handumdrehen zum Goldkandidaten für Peking.

Keinen Spaß kennt er allerdings, wenn es um seine heißgeliebten Sneakers geht – auch wenn er damit seiner Mama hin und wieder den letzten Nerv zieht. Er ist eben ein ganz normaler Jugendlicher, wie er immer versichert. Die Bezeichnungen "Wunderkind" oder "Superstar" verdrängt er einstweilen noch gern. "Ich bin auch niemand, der gern im Mittelpunkt steht. Ich will sportlich zeigen, was ich drauf habe. Scheinwerfer mag ich nur bei Flutlichtrennen", sagt der Jungspund mit einem Schmunzeln, denn er will seinem Motto treu bleiben: "Ich möchte meine 'Magic Moments' kreieren." Trotz seines jungen Alters lässt sich der Olympiafavorit wider Willen nach Fehlern nie unterkriegen. Er baut bei seinen Kunststücken auf Vorbereitung sowie auf Spontanität und profitiert von seinen Akrobatik-Kenntnissen. "Grenzen sind da, um sie zu auszuloten."

Das Chaos kürzlich in Aspen, als er bei den X-Games vom Computer völlig unterbewertet wurde, hat der Youth Olympic-Champion von 2020 inzwischen abgehakt. "Es war nicht einfach für mich. Ich wurde oft darauf angesprochen, warum ich keinen Einspruch erhoben habe, aber ich war zu dem damaligen Zeitpunkt einfach nicht in der Lage und ich wollte, um ehrlich zu sein, keinen Aufstand machen. Es ist passiert und der Blick nach vorne gerichtet." Apropos Gegenwart. Die Big-Air-Bewerbe der Ski-Freestyler versprechen spektakulär zu werden. Die gigantische Rampe am Gelände eines aufgelassenen Stahlwerks ist weltweit einzigartig.

Seiner Olympiapremiere blickt der passionierte Zeichner, der bis zu seinem 13. Lebensjahr von den Torstangen angetan war, "gechillt und cool" entgegen. Sollte ihm die Nervosität einen Streich spielen, wird Svancer sein Jojo auspacken. Wobei, mit Tricks, wie beispielsweise dem "Nosebutter Triple 19", einem Dreifachsalto mit fünfeinhalb Schrauben, kennt er sich ja bekanntlich bestens aus.

Und sollte der Wahl-Kapruner künftig reichlich Preisgeld absahnen, käme ihm bereits eine brillante Idee. Dann nämlich will er den Berg hinter seinem Haus kaufen und Lifttickets für einen Euro bereitstellen. "Kinder müssen die Chance bekommen, Freeski-Erfahrungen zu sammeln, denn mein Sport ist ziemlich lässig."