Die Bilder von den Skipisten, auf denen in wenigen Wochen um olympische Medaillen gefahren wird, lösen unvermeidbar Unbehagen aus. Die schneeweißen Pisten von Yanqing, ringsherum die nahezu durstig wirkende, braune Landschaft, die gerade in den Wintermonaten kaum Niederschlag oder gar Schneefall abbekommt. Nicht nur aufgrund der Pandemie und der Menschenrechtsverstöße Chinas stehen die 24. Winterspiele, die am 4. Februar in der Volksrepublik eröffnet werden, in der Kritik. Auch mangelnde Nachhaltigkeit ist vielen ein Dorn im Auge.
Peking trägt als erste Stadt der Geschichte nach Sommer- auch Winterspiele aus. Die Wettkämpfe werden als „grüne, inklusive, offene und saubere Spiele“ angepriesen, der Klimaschutz ist ein zentrales Anliegen. Olympia-Bauten aus dem Jahr 2008 werden wiederverwendet, aus dem „Wasserwürfel“ für Wassersportler wird etwa ein „Eiswürfel“ für Curling. Der Individualverkehr zu Sportstätten soll elektro- oder wasserstoffbetrieben stattfinden und die Energie, die während der Spiele verbraucht wird, zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen.
Wie nah all das an der Realität ist, bleibt fraglich und wird von Expertenseite stark angezweifelt. Winterspiele in einer derart trockenen Region seien der „Wahnsinn“, meint Carmen de Jong, Geowissenschaftlerin von der Universität Straßburg. Die Grenzen von Naturreservaten wurden neu vermessen, damit die Skipisten Platz bekommen. Das als Kompensation für Emissionen Bäume gepflanzt werden, grenzt daher an Ironie, sagt de Jong. Der größte Beitrag zur Verkleinerung des ökologischen Fußabdrucks ist wohl, dass aufgrund der Pandemie keine ausländischen Zuschauer in China erlaubt sind.
Nur Sapporo bliebe über
Wie notwendig eine Reduktion der Treibhausgase auch für den olympischen (Winter-) Traum ist, hat eine im Fachjournal „Current Issues in Tourism“ veröffentlichte Arbeit gezeigt. Ihr Ergebnis: Der Klimawandel schränkt die Austragung von Olympischen Winterspielen künftig stark ein. Denn werden die Emissionen bis Ende des Jahrhunderts nicht drastisch verringert, könnte 2080 nur eine der bisherigen 21 Olympia-Städte zuverlässig faire und sichere Bedingungen für Winterspiele bieten – und zwar die japanische Stadt Sapporo. Werden die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht, sind acht der Austragungsorte in der Lage, klimasichere Spiele zu veranstalten: Vancouver, Calgary, Salt Lake City, Lake Placid, Lillehammer, Oslo, Sapporo und Nagano.
Innsbruck war 1964 und 1976 Gastgeber und könnte schon Mitte des Jahrhunderts keine Spiele austragen. „Der Klimawandel verändert die Geografie der Olympischen Winterspiele und wird leider die Liste der Austragungsorte, die für den Wintersport berühmt sind, verringern. Die meisten Austragungsorte in Europa werden bereits in den 2050er-Jahren als unbedeutend oder unzuverlässig eingestuft, selbst in einer emissionsarmen Zukunft“, sagt der Tourismusforscher Robert Steiger von der Uni Innsbruck, der an der Arbeit beteiligt war.