Wenn Vizekanzler Werner Kogler einmal in Fahrt kommt, dann redete er gerne. Auch (oder gerade?) über den Sport. So wie bei seiner fast sporthistorischen und mitunter autobiografisch bis philosophischen Einleitung zur Eröffnung der sehenswerten Ausstellung "Sport und Technik" im Rahmen des Sportjahres in Graz ("Let's go Graz") im Grazer Joanneum. Doch er fand auch Zeit für einen aktuellen Bezug. Und der liegt spätestens seit dieser Woche nach dem Ansinnen des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), seine Sportler rasch zu impfen, um Olympia-Chancen bzw. die Chancen auf eine Olympia-Qualifikation nicht zu gefährden, auf dem Tisch.
Die Gründe dafür sind nachvollziehbar: Die medizinische Kommission des ÖOC führt in dem Vorstoß viele Argumente an: Die Chancengleichheit im internationalen Vergleich, die Gefahr einer Infektion, die speziell für Sportler, deren Kapital die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihres Körpers ist, fatal wäre, die Möglichkeit, an Wettkämpfen teilzunehmen, ohne Quarantänebestimmungen befolgen zu müssen, etc. etc.
Und: Grundsätzlich ist auch Sportminister Werner Kogler dem Ansinnen gegenüber aufgeschlossen. Aber: Schnell wird das nicht gehen. "Deshalb", erklärte der Steirer in Graz, "sehe ich für jene Sportler, die sich noch qualifizieren müssen, auch kaum eine Möglichkeit. Bei denen, die an Olympia teilnehmen, sollt es sich aber ausgehen."
Der "Buffet-Effekt"
Der Sportminister erklärt: "Wir haben ja in der Zwischenzeit das gesamte Impfsystem umgestellt, es geht nur noch nach dem Alter, von oben nach unten. Ausnahmen gibt es keine, wir schaffen es ja gerade, dass wir die armen Polizisten und Polizistinnen impfen können, die etwa für die Corona-Verweigerer-Demos abgestellt sind." Deshalb sei es kaum denkbar, dass man innerhalb kurzer Zeit Extra-Kontingente für Sportler bekomme.
"Es ist ja interessant: Zum Jahreswechsel waren wir verzweifelt auf der Suche nach Botschaftern, Impfvorbildern. Damals meinte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, dass Sportler ideal wären. Weil sie ihren Körper brauchen, er ist die Grundlage ihres Lebens. Daher wären sie bereit zu impfen und zugleich wären sie gute Botschafter. Er hatte recht", sagt Kogler. In der Zwischenzeit aber habe die Verknappung des Angebots eine Erhöhung der Nachfrage zur Folge: "Das ist ein typischer Effekt, der Buffet-Effekt. Zu Beginn wollten sich zwei Drittel sicher nicht impfen lassen, jetzt wollen zwei Drittel unbedingt und so schnell wie möglich eine Impfung."
Es müsse daher auch ethische und moralische Diskussionen geben dürfen, wenn es wirklich Ausnahmen geben sollte. Wenn, dann sieht Kogler die eben erst am Anfang des Sommers: "Ende Juni, spätestens Ende Juli, sollten ja alle eine Impfung haben, die eine brauchen bzw. wollen. Da ist es dann schon im Juni absehbar, dass man wenig hundert Impfungen vorziehen kann. Aber, wie gesagt: Auch das muss man dann diskutieren."
Kogler erklärt: "Sportler können ja auch nur in Regenerationsphasen geimpft werden, man muss ja auch mit Impffolgen und -reaktionen rechnen. Daher denke ich eben: Für Sportler, die für Olympia qualifiziert sind, ist es denkbar, dass sie vor Olympia geimpft werden. Für die, die sich jetzt noch qualifizieren müssen, erscheint es mir schwierig."
Man beobachte aber dabei auch die Lage im Rest Europas und finde sich mit den meisten Staaten im Westen auf einer Linie. "Im Osten und in Diktaturen, da ist das natürlich anders. Die schauen dann weniger auf die Bevölkerung als auf die Sportler."