Die Sport-Welt atmet durch, die quälende Warterei auf eine Entscheidung hat ein Ende. Die japanische Regierung und das Internationale Olympische Komitee (IOC) haben sich wegen der Coronavirus-Pandemie am Dienstag auf eine Verschiebung der von 24. Juli bis 9. August geplanten Sommerspiele in Tokio geeinigt. Sie sollen bis spätestens Sommer 2021 stattfinden.
"Gesundheit geht vor"
Die Olympia-Athleten werden ihr für Sommer 2020 anberaumtes Highlight damit erst später erleben, für viele ist es die richtige Entscheidung. Gesundheit gehe vor, lautete der einhellige Tenor. "Wir begrüßen die Entscheidung, weil sie zum jetzigen Zeitpunkt die einzig richtige im Sinne der Gesundheit aller Athletinnen und Athleten ist", sagte ÖOC-Präsident Karl Stoss. Der Höhepunkt der Covid-19-Krise in Europa sei nicht einmal erreicht, eine schlagartige Verbesserung der Lage nach derzeitiger Wissenslage nicht mehr in Sicht.
Der Druck vieler Nationaler Olympischer Komitees, Internationaler und Nationaler Fachverbände auf das IOC war in den vergangenen Tagen immer größer geworden. Japans Ministerpräsident ShinzoAbe und IOC-Präsident Thomas Bach einigten sich daher am Dienstag in einer Telefonkonferenz auf die Verschiebung, die Sommerspiele sollen nun auf "ein Datum nach 2020 verlegt werden", aber nicht später als im Sommer 2021 stattfinden. Eine Absage stand zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion.
"Wir haben Präsident Bach vorgeschlagen, eine Verschiebung für ungefähr ein Jahr in Betracht zu ziehen, um es den Athleten möglich zu machen, in ihrer besten Verfassung anzutreten, und um das Ereignis zu einem sicheren für die Zuschauer zu machen. Präsident Bach hat gesagt, er ist damit zu 100 Prozent einverstanden", erklärte Abe.
Das IOC erklärte, auf Basis der Information der Weltgesundheitsorganisation WHO gehandelt zu haben. Aus Südamerika und Ozeanien gäbe es "alarmierende Zahlen" zur Corona-Ausbreitung. "Es geht um den Schutz des menschlichen Lebens. Finanzen hatten jetzt keine Priorität", sagte Bach. Er hoffe, dass Olympia im nächsten Jahr "ein Fest der Menschlichkeit und eines Überstehen der Pandemie sein" könne.
Die Spiele sollen ihren Namen behalten und als Tokio 2020 abgehalten werden. Auch die Olympische Flamme soll als Symbol des Bekenntnis (zu Olympia) und der Hoffnung in Japan bleiben. "Dieses Olympische Feuer wird das Licht am Ende dieses Tunnels sein", versicherte Bach. Mit der Verschiebung der Olympischen Spiele geht auch jene der Paralympischen einher.
"Menschlich ist die Absage zu begrüßen"
Österreichs Sommersportler sprachen durchwegs von der richtigen Entscheidung, sie dürfen sich derzeit aufgrund der Ausgangsbeschränkungen in Österreich nur daheim fit halten. "Menschlich ist die Absage natürlich zu begrüßen. Derzeit geht es vorrangig um die Gesundheit aller. Sportlich gesehen macht es mich natürlich auch traurig. Ich habe seit vier Jahren auf den 1. August 2020, den Tag des Diskus-Finales, hingearbeitet", sagte der WM-Dritte Lukas Weißhaidinger.
Keiner wisse, wie wann wieder Normalität einkehre, erklärte Segler Thomas Zajac, den die Krise derzeit mehr beschäftigt als der Sport. Trotzdem meinte der Olympia-Dritte von 2016 aber auch: "Unsere Pläne und Budgets liegen bis August 2020 am Tisch. Wir können aktuell nicht beurteilen, wie das kommende Jahr aussieht, weder wirtschaftlich noch sportlich."
Froh, dass sich ihr Wunsch nach Verschiebung erfüllt habe, ist Sportkletterin Jessica Pilz. "In manchen Ländern wie in Japan können die Athleten ganz normal in öffentlichen Sportanlagen trainieren, und wir müssen über einen Monat zu Hause sitzen und schauen, wie wir irgendwie fit bleiben." Die ebenfalls bereits qualifizierte Ruderin Magdalena Lobnig meinte: "Ich habe es geahnt, aber jetzt, da die Entscheidung getroffen ist, ist das Gefühl voll krass. Ich bin froh, weil es faire Bedingungen für alle beim Training und bei Dopingtests gibt, aber es ist schwer für den Kopf. Man hat jetzt kein Ziel mehr vor Augen."
Diese Verschiebung ist eine historische Entscheidung. Eine Absage gab es in der Vergangenheit dagegen schon einige Male. Im Ersten Weltkrieg wurden die Sommerspiele 1916 (Berlin), im Zweiten Weltkrieg die Sommerspiele 1940 (Tokio) und 1944 (London) sowie die Winterspiele 1940 (Cortina d'Ampezzo) und 1944 (Sapporo) gestrichen.
Was die Entscheidung finanziell für das Tokio-Organisationskomitee bedeutet, ist unklar. Die ursprünglich angebenen Olympia-Kosten von 11,5 Milliarden Euro dürften geschätzt ohnedies bereits doppelt zu hoch sein. Experten rechneten alleine im Falle der Verschiebung mit Kosten von umgerechnet 5,4 bis 5,7 Milliarden Euro. Eine Absage hat das IOC versichert. Ob dies auch für die Verschiebung greift, ist noch offen.
2021 dürfte damit ein Mega-Sportjahr werden, wurde doch auch bereits die Fußball-EM um ein Jahr auf 11. Juni bis 11. Juli 2021 verschoben. Für Österreich sehr relevant sind zudem die Alpinen Ski-Weltmeisterschaften von 7. bis 21. Februar in Cortina d'Ampezzo und die Nordische WM von 23. Februar bis 7. März in Oberstdorf.