Sie wollen den paralympischen Sport 2024 in Paris auf ein neues Level heben, wurden die Veranstalter in Paris nicht müde zu betonen. Und das ist den Franzosen auf vielen Ebenen sicher gelungen. Pulverisierte Weltrekorde, ein Heiratsantrag von Sprinter Alessandro Ossola (ITA) nach seinem Rennen, zwei Medaillen für Bogenschützin Jodie Grinham (GBR) im siebten Monat ihrer Schwangerschaft oder mit John McFall ein Astronaut und ehemaliger Paralympics-Sportler als Fackelträger bei der Eröffnung: bevor die Spiele heute mit der Abschlussfeier ihr Ende finden, haben die Fans und Sportler viele denkwürdige Momente erlebt.
So auch die 23 Österreicher, die vom ÖPC nach Paris geschickt wurden und vor dem heutigen Abschlusstag vier Medaillen geholt haben. Thomas Frühwirth etwa holte im Handbiken gleich zweimal Silber, musste sich nur dem absoluten Dominator Jetze Plat aus den Niederlanden jeweils geschlagen geben. So wie übrigens auch Florian Brungraber im Triathlon, der nur an Plat nicht vorbeigekommen war. „Das waren schon absolute Highlights und diese Medaillen glänzen eigentlich wie Gold, wenn man bedenkt, hinter wem unsere Athleten da gelandet sind“, resümiert Delegationsleiter Walter Pfaller. Besonders stolz war er auch auf Natalija Eder, die mit Bronze im Speerwurf ihre medaillenlosen Spiele in Tokyo vergessen machte. „Es freut mich schon sehr, dass wir in der Leichtathletik wieder etwas mitnehmen konnten. Es ist auch immer ein schönes Zeichen, wenn eine Frau eine Medaille holt“, sagt Pfaller.
Der Delegationsleiter, früher selbst aktiver Parasportler und besonders erfolgreich im Basketball, ging mit der Erwartungshaltung von fünf bis acht Medaillen in die Spiele und gibt zu: „Da sind wir knapp dahinter geblieben. Aber wenn ich mir anschaue, welche Leistungsexplosionen in 70 bis 80 Prozent der Sportarten passiert sind, muss man vielleicht auch eingestehen, dass die Erwartungshaltung eventuell zu hoch war.“ Mit Pepo Puch, dem Dressur-Routinier und Star der Szene, ging ein Medaillenhamster leer aus, er wurde zweimal fünfter. „Aber auch hier ist die Konkurrenz so viel stärker geworden. Dennoch glaube ich, dass auch er damit nicht zufrieden sein wird“, so Pfaller.
Talentförderung soll ausgebaut werden
Zu denken gibt ihm ein wenig die Zukunft des österreichischen paralympischen Sports: „Wir müssen mehr in die Talentefindung und Förderung investieren, da wir doch auf viele gestandene Athleten setzen. Vor allem im Reiten und Schwimmen sehe ich da Aufholbedarf. Wir müssen jungen Leuten aufzeigen, welche Strukturen es bei uns gibt.“ Hoffnungsvoll stimmen ihn die Debüts von Radler Franz-Josef Lässer, der auf der Bahn über 4000 Meter als vierter knapp am Podium vorbeigeschrammt ist, und Bogenschütze Michael Meier, der ins Achtelfinale kam. „Lässer gehört die Zukunft, wobei man gerade beim Bahnrad sagen muss, dass uns hier Infrastruktur fehlt. Immerhin trainiert er in Köln, wir haben in Österreich keine einzige Rad-Bahn. Meier betreibt den Sport erst seit eineinhalb Jahren und ist in Österreich auch bei den Nicht-Behinderten konkurrenzfähig“, freut sich Pfaller, der die Spiele mit 2,3 Millionen Fans und toller Stimmung in den Stadien positiv abspeichern wird: „Frankreich ist ein Sport-Land, die Tribünen waren voll und die Begeisterung unglaublich. Einfach gelungen.“
Dass Österreich in elf Sportarten am Start war, sieht man positiv und zeigt die ÖPC-Fraktion gewappnet für LA 2028. „Mehr Breite wäre aber wünschenswert in einigen Sportarten“, gibt Pfaller für die nächsten vier Jahre mit auf den Weg.
Bitterer Finallauf für Markus Swoboda, gebrauchte Spiele für Andreas Ernhofer
Der vorletzte Bewerbstag verlief aus rot-weiß-roter Sicht übrigens ärgerlich: Kanute Markus Swoboda verpasste Bronze um zwei Hundertstel. Radfahrer Wolfgang Steinbichler riss dem Spitzenfeld vor dem Zielsprint erst ab, wurde Fünfter. Und Andreas Ernhofer, der ausgerechnet bei seinen Paradedisziplinen vergangenes Wochenende krank war, wurde über 50 Meter Rücken Zehnter.