Gleich den Seglern haben die Sportkletterer für das österreichische Olympia-Team in Paris zwei Medaillen geholt. Waren es vor Marseille zweimal Gold, eroberte Jessica Pilz am Samstag in der Wand von Le Bourget bei Paris wie Jakob Schubert am Vortag Bronze. Die 27-Jährige war nach dem Bouldern des Kombinationsbewerbs Sechste gewesen und kam mit der zweitbesten Lead-Leistung noch auf Rang drei vor. Es gewann die Slowenin Janja Garnbret vor der US-Amerikanerin Brooke Raboutou.

Es ist die dritte österreichische Kletter-Medaille bei Sommerspielen, nachdem Schubert bei der Premiere dieses Sports im Zeichen der Fünf Ringe vor drei Jahren in Tokio ebenfalls Bronze geholt hatte. Bei den Paris-Spielen war es die ÖOC-Medaille Nummer fünf bzw. die vierte innerhalb von 50 Stunden. Schon Mitte der Vorwoche hatte Judoka Polleres in der Klasse bis 70 kg mit Bronze den Anfang gemacht.

„Es fühlt sich unglaublich an. Es war schon ein großer Druck da und ich habe Angst vor der Enttäuschung gehabt“, sagte Pilz erleichtert. Bei den Tokio-Spielen war sie Bronze vor Augen Siebente geworden. Daran habe sie an diesem Tag aber nicht gedacht. „Ich habe gewusst, ich muss alles abrufen und voll performen, dass es für das Podest reicht. Ich habe gewusst, dass es auch der vierte Platz sein kann. Daher eine große Erleichterung, dass es geklappt hat.“ Die Niederösterreicherin war als Vorletzte in die Lead-Wand gegangen und hatte die Medaille fix, als sie aus der Wand fiel.

Pilz: „Wollte nur irgendwen umarmen“

Davor im Bouldern war sie trotz zwei von vier erreichten Tops zwar wie im Semifinale nur auf Rang sechs gekommen, allerdings mit Minimalabstand zu der Dritten. „Ich habe gesehen, dass wir alle knapp beisammen sind, drei vor mir aber keine Lead-Spezialistinnen sind.“ Am meisten noch habe sie die hinter ihr gereihte Lead-Spezialistin Ai Mori gefürchtet. Pilz habe dann auch mitbekommen, dass die Japanerin vor ihr in Führung gegangen ist. „Da habe ich mir dann ein bisschen den Druck genommen. Ich habe einfach nicht daran gedacht, dass das die Olympischen Spiele sind.“

Die Freude über den Medaillengewinn – die nach ihr gestartete Garnbret verdrängte Pilz erwartet noch auf Rang drei – war groß. Die ÖOC-Athletin löste den Sicherheitsknoten an ihrem Körper, lief zur Österreich-Ecke mit Schubert, ÖKV-Teamcoach Kilian Fischhuber und -Sportdirektor Heiko Wilhelm und umarmte ihr Umfeld. „Ich wollte nur irgendwen umarmen. Das war die erste Reaktion, dass man zu bekannten Leuten läuft.“ Olympia-Bronze sei ihr größter Erfolg, mehr als WM-Gold 2021. „Das ganze Jahr dreht sich nur um das Event. Das kann man nicht vergleichen.“

Fischhuber werde der Moment, als Pilz in die Österreich-Ecke lief, in Erinnerung bleiben. „Mein Olympic Moment, ich habe nichts Emotionaleres gesehen. Jahrelang kämpft man, schleift, quetscht alles aus sich raus. In dem Moment fällt das alles ab, es ist schon sehr speziell gewesen.“ Es bekäme nicht jeder Athlet eine zweite Chance. „Wenn du sie bekommst und auch nützt, wertet das umso mehr auf, weil es doch noch verdient ist.“ Pilz sei so locker wie noch nie bei einer Großevent gewesen. „Sie hat sich auf ihre Stärke verlassen, es sich dieses Mal zugetraut, daher auch gemacht.“

Mitgenommen war auch Wilhelm: „Unglaublich, so ein Wahnsinn. Sie hat so hart gearbeitet und unglaublich performt. Ich vergönne es ihr so, sie hat es so verdient.“ Er sei überglücklich, dass sich Pilz ihren Traum von einer Olympia-Medaille erfüllt habe, sagte er im ORF. „Sie ist durch und durch Sportlerin, wie man sich das nur wünschen kann, sie ist so fokussiert. Der Klettersport präsentiert sich hier von einer richtig coolen Seite.“

Bronze von Pilz war mit 147,4 Punkten letztlich recht gut abgesichert, die viertplatzierte Mori kam auf 135,1 Zähler. Garnbret hatte sich im Bouldern Schmerzen in einem Finger zugezogen, war mit 168,5 Punkten aber ungefährdet. Raboutou kam auf 156,0 Zähler.