Lukas Weißhaidinger wirkt locker. Gelöst. Dabei könnte man annehmen, dass der Berg von einem Mann angespannt ist. Am Montag steigt der Diskuswerfer am Vormittag in seine dritten Sommerspiele ein. Und nach Platz sechs in Rio und Bronze in Tokio ist klar, dass der 32-Jährige noch eine Medaille will. Zumindest haben er und sein Betreuerteam rund um Trainer und Verbands-Sportdirektor Gregor Högler alles dafür getan, um die besten Voraussetzungen zu schaffen. Vor dem Start sprach der Oberösterreicher über ...

... das Ankommen im Dorf. Ich habe mich sehr gut eingelebt, alles ist sehr schön beinand. Ich habe das Gefühl, dass ich erstmals Olympia wirklich erlebe, das Stade de France kann ich vom Balkon sehen, das hat auch was. Ich habe beschlossen, mir das Stadion vor dem Wettkampf gar nicht anzusehen, aber so kann man Olympia am Tablet schauen und am Balkon dabei von außen in echt anschauen.

... Ablenkung. Der Gregor (Högler, Anm.) sperrt mich ja fast ein hier. Er sagt immer, dass man nicht unbegrenzt Adrenalin hat, deswegen gehe ich auch vorher zu keinen Bewerben, schotte mich ab. Aber wir spielen Karten, „Kniffel“. Allerdings ist der Tisch zu klein. Nachdem ich da die erste Runde verloren habe, spielen wir am Boden. Und seither bin ich ungeschlagen. Und dann spielen wir Boccia, an sich mit eigenen, weichen Bällen. Weil die der Physio aber vergessen hat, spielen wir jetzt Socken-Boccia. Das ist ein richtiges Turnier, das zieht sich über Tage. Nach dem Mittagessen spielen wir eine Runde. Aber wenn ich gewinne, sagt Gregor immer, es ist Zeit, ins Bett zu gehen und die Großen spielen zu lassen.

... Medaillen. Ich bin überzeugt, dass ich in der Form meines Lebens bin und kratze schon mit den Füßen, dass der Wettkampf endlich stattfindet. Ich mache mir auch keine Gedanken um die Namen, die die Medaillen holen. Für mich geht es darum, in der Lage zu sein, über 69 Meter zu werfen. Und das wird es brauchen. Seit der EM-Medaille in Rom haben wir Feintuning auf höchstem Niveau betrieben, in der Ideenkiste gekramt. Speziell Gregor hat geschaut, was es braucht, um den Diskus noch besser in die Luft zu bringen.

Im Fokus: Lukas „Lucky Luke“ Weißhaidinger
Im Fokus: Lukas „Lucky Luke“ Weißhaidinger © GEPA pictures

... die Qualifikation. Jeder, der sich auskennt, weiß, dass ich und die Qualifikation nicht die besten Freunde sind. Daher wäre es mir recht, wenn ich es im ersten Versuch schaffe. Da ist es wichtig, bei sich zu bleiben. Olympia schreibt immer ein eigenes Drehbuch, es kann viel passieren, einen Favoriten erwischt es meist schon in der Qualifikation, das soll nicht ich sein. Ich werde nicht viel nach links oder rechts schauen. Das Ziel ist es, im Finale dabei zu sein, sechs Versuche zu haben. Ich finde das mit den Medaillen auch immer schwierig. Jeder, der hier Vierter, Fünfter, Sechster wird, ist auch absolute Weltklasse. Das muss man dann auch wertschätzen.

... die Stimmung. Natürlich wird es Ablenkung geben, auch die anderen Werfer schreien alle laut nach guten Würfen. Das Stadion ist dazu immer voll. Aber das Feeling ist ein Traum. Und es war immer mein Traum, dass man eine geile Volksfeststimmung und Diskuswerfen zusammenbringt. Wenn das auch noch bei Olympia stattfindet, im ausverkauften Stadion, ist das doch das Beste.

... Unterstützung von daheim. Ich habe zu Weihnachten Tickets verschenkt, ein paar haben sich auch noch welche gekauft. Allerdings haben sich wiederum einige nur Karten fürs Finale gekauft, das baut also auch wieder ein wenig Druck auf. Aber ich bin stolz, dass sich alle sowas antun und kommen: Mama, Papa, Freundin, Bruder, Nichte, der Bruder meiner Freundin und viele Freunde sind da.

... seine Reifung. Ich rede grad nur so viel, weil ich weggesperrt werde. Im Ernst. Nach der Medaille in Tokio war es schwierig für die Folgejahre, dann kam Rom. Ich habe viele Sternstunden gehabt, aber auch viele Wettkämpfe, in denen es schlecht gelaufen ist. Ich bin reifer geworden, stimmt. Ich kann hingehen und sagen, dass ich das Risiko auf mich nehme. Denn wenn es nicht gut läuft, geht die Welt auch nicht unter. Das Ziel ist natürlich, dass es läuft. All das hat mich ruhiger und entspannter gemacht. Ich habe das Empfinden, dass ich sehr fokussiert bin und weiß, was ich zu tun habe.