Katharina Tanzer hat eine ganz besondere Angewohnheit: Sie mag es nicht besonders, wenn sie schon am Tag vor ihren Kämpfen die Auslosung kennt. „Ich habe sie mir erst heute früh angeschaut“, sagte die Niederösterreicherin, die für die SU Leibnitz an den Start geht. Der erste Blick war durchaus zuversichtlich, Ka Lee Wong aus Hongkong schien machbar. Der zweite Blick? Ernüchternd. Denn schon in Runde zwei würde die Mongolin Basaanku Bavuudorj warten, die Nummer zwei der Welt. „Und eine Kämpferin, die mir nicht besonders liegt“, seufzte die seit Samstag 29-Jährige. Da half auch der Kuchen, den sie sich nach der Abwaage noch gönnen durfte, noch wenig. Und so war der Olympia-Traum nach zwei Kämpfen ausgeträumt.

Dabei verlief am Champ de Mars, dem Marsfeld im Herzen der Stadt, vor der Militärschule im Herzen von Paris, wo man eine temporäre Halle errichtete und dabei sogar das Reiterstandbild, das sonst in der Mitte der ehemaligen Exerzierwiese steht, integrierte, zunächst alles nach Plan. Gegen Wong zeigte sich Tanzer aktiv, siegeshungrig. „Ich kenne sie vom Trainingslager in Japan und wusste, dass ich sie normal schlagen muss.“ Das tat sie auch und dabei eroberte sie sich auch den Respekt des fachkundigen französischen Publikums, das bei der Fixierung rhythmisch mitklatschte, ehe der Sieg durch Ippon feststand.

Vor ihrem zweiten Kampf dann erlebte Tanzer einmal mehr die Judo-Begeisterung Frankreichs: Zeitgleich kämpften die Französin Shirin Boukli und der Franzose Luca Mkheidze, praktisch zeitgleich gelang den beiden der Sieg durch Ippon. Und die Fans, die schon als Einstimmung die „Marseillaise“ angestimmt hatten, drehten vollends durch. „Das“, sagte Tanzer, „war schon besonders, auch wenn wir das von den Grand Slams hier kennen. Aber mir hat es noch mehr Lust auf den Kampf gemacht.“

Eine Lust, die schnell verging, nach 16 Sekunden war im Achtelfinale alles vorbei. „Ich weiß, dass sie (Bavuudorj, Anm.) viel kräftiger ist als ich. Sie wird erst nach 90 Sekunden müde, dann kann ich meine Stärken ausspielen.“ Davor wäre die Devise gewesen, den direkten Attacken auszuweichen. Das schlug fehl: „Wie gesagt: Sie ist einfach kräftiger als ich, das mit dem Ausweichen ist halt auch leicht gesagt. Ich hab‘ jedenfalls mein Bestes gegeben.“

Nun heißt es: Volle Konzentration auf den Mixed-Bewerb – um weitere olympische Erinnerungen zu sammeln. Dann geht es zurück in die Steiermark, wie es dann weitergeht, ist noch offen. Denn Heimtrainer Hupo Rohrauer, der seine Pension extra für Tanzer hinausgeschoben hatte, will nun wirklich in den Ruhestand.