Mit sechs Medaillen ist Charlotte Dujardin gemeinsam mit der Radrennfahrerin Laura Kenny die erfolgreichste britische Teilnehmerin bei olympischen Spielen. In Paris hätte die Dressurreiterin aus der englischen Grafschaft Bedfordshire die Möglichkeit gehabt, an ihrer mittlerweile aus dem aktiven Sport ausgeschiedenen Konkurrentin vorbeizuziehen.

Stattdessen verkündete sie am Dienstag, bei den Olympischen Spielen nicht an den Start zu gehen. Grund ist ein Video, das dem Weltreiterverband FEI zugespielt wurde, welches die 39-Jährige zeigt, wie sie ein Pferd als Trainerin mit Peitschenhieben traktiert. Wir haben hier darüber berichtet. Die Ermittlungen laufen, die Britin wurde vorläufig für sechs Monate von Turnierteilnahmen ausgeschlossen.

Der Fall Charlotte Dujardin ist der traurige, aber möglicherweise nur vorläufige Höhepunkt einer ganzen Reihe von ans Licht gebrachten Skandalen über tierschutzrelevante Ausbildungsmethoden bei Pferden in den letzten Monaten. Eine Chronologie der Ereignisse.

Andreas Helgstrand und „Operation X“

Immer wieder war Andreas Helgstrand, dänischer Dressurreiter, Züchter und Besitzer eines Ausbildungsstalls, in den vergangenen Jahren wegen Zwischenfällen in die Schlagzeilen geraten: Partner und Kunden erhoben Betrugsvorwürfe gegen den Pferdehändler, 2022 wurden er und Queenpark‘s Wendy zwei Mal bei Bewerben disqualifiziert, weil die Stute Blut am Maul hatte. Bei den dänischen Meisterschaften im Jahr darauf wurde dem zweifachen Olympiateilnehmer die Bronzemedaille im Nachhinein aberkannt, weil sein Pferd Jovian wegen leichter Koliksymptome mit einer unerlaubten Medikation behandelt und dennoch an den Start gebracht wurde.

Der Paukenschlag folgte im November 2023: Der dänische TV-Sender TV2 hatte die Journalistin Rebekka Klubien in den Handels- und Ausbildungsstall von Helgstrand eingeschleust, die dort mit versteckter Kamera den Umgang mit den Pferden filmte. Eine Ausstrahlung der mehrteiligen Sendung „Operation X“ konnte Helgstrand auf dem Rechtsweg nicht mehr verhindern, so gelangten Videosequenzen an die Öffentlichkeit, die Pferde mit zu eng eingestellten Schlaufzügeln und harte Trainingsmethoden zeigen, aber auch Pfleger, die versuchen, Striemen vom harten Einsatz von Gerte und Sporen zu kaschieren.

„Was wir in den Aufnahmen von TV 2 sehen, beeindruckt uns sehr. Das ist nicht in Ordnung. Es ist schlechtes Reiten und schlechte Behandlung von Pferden, die wir bei Helgstrand Dressage nicht sehen wollen. Es entspricht nicht unseren Richtlinien und Werten und ist nicht repräsentativ für unsere Kultur. Das müssen wir korrigieren“, verlautbarte Helgstrand Dressage nach der Ausstrahlung der Sendung auf seiner Homepage.

Obwohl Andreas Helgstrand selbst nicht als Reiter auf den Videos zu sehen ist, belegte ihn der dänische Reitsportverband mit einer Wettkampfsperre bis mindestens 1. Jänner 2025. Eines seiner Spitzenpferde wird in Paris dennoch am Start sein: Die Stute Wendy geht unter der siebenfachen Olympiasiegerin Isabell Werth aus Deutschland an den Start.

Der Fall César Parra

Im Februar 2024 zeigten mehrere Videos den Umgang mit Pferden in Ausbildung im Dressurstall des kolumbianisch-amerikanischen Reiters César Parra. Er und andere Personen sind dabei zu sehen, wie sie Tiere mit Gerten, Peitschen und Seilen traktieren. Der Weltreiterverband (FEI) hat Parra umgehend gesperrt.

Anzeige statt Olympia: Carina Cassøe Krüth

Ein weiteres Video wurde dem dänischen Reitsportverband am 7. Juli 2024 zugespielt: Es soll den Einsatz grober Trainingsmethoden der Dänin Carina Cassøe Krüth zeigen, die eigentlich als Reservistin für die Dressurequipe ihres Landes nach Paris hätte reisen sollen. Statt einer Nominierung hat der Verband Cassøe Krüth bei seinem Disziplinarausschuss angezeigt.

Zwei Tage darauf äußerte sich die ehemalige Schülerin von Andreas Helgstrand zu den Vorgängen: „Die Videosequenz stammt aus einer Trainingseinheit im Februar 2022 und zeigt einen klaren Fehler meinerseits, den ich sehr bedauere und zutiefst bereue, da er sicherlich nicht die Art und Weise charakterisiert, wie ich Pferde trainiere.“

Max Kühner im Fokus

Nun ist auch der Österreicher Max Kühner im Fokus. Die Münchner Staatsanwaltschaft führt ein Verfahren gegen den Olympia-Teilnehmer, die Tierschutzorganisation PETA ortet Verstöße Kühners gegen das Tierschutzgesetz. Der 50-Jährige spricht von haltlosen Anschuldigungen. Hier lesen Sie mehr dazu!