Bei Hitze muss es in der Motorradmontur besonders lustig sein ...
Matthias Walkner: Das sind super Trainingsbedingungen – das ist ja wie in Peru im Jänner (lacht). Aber die Montur hatte ich schon lange nicht mehr an. Ich bin noch lädiert an meinem Sprunggelenk.
Wie sieht es dann in Richtung Dakar aus?
Natürlich wäre es mir in Hinblick auf die Dakar lieber, wenn ich schon Rennen gefahren wäre wie etwa die Rallye-WM. Aber ich bin komplett stressbefreit und ich habe in den letzten vier, fünf Monaten so viel trainiert wie lange nicht. Ich habe die Schmerzen in Schulter und Handgelenk auskuriert und fühle mich superfit. Die Fitness auf dem Motorrad kommt dann in ein, zwei Monaten.
Also hatte die Auszeit auch etwas Gutes?
Eine Verletzung ist immer ein Scheiß. Da ich nicht fahren konnte und auf nicht viel Rücksicht nehmen musste, habe ich vier bis fünf Mal in der Woche viereinhalb Stunden trainiert. Wahrscheinlich habe ich keine zehn Tage nichts getan. Ich hatte noch nie so gute Werte bei den Leistungstests und habe auch zehn Kilogramm abgenommen. Das ist für den Sommer nicht so schlecht. Aber jetzt bin ich wieder heiß auf das Motorrad.
Wie wichtig sind Rennen in der Vorbereitung?
Das ist das Um und Auf. Das sind 70 bis 80 Prozent von der ganzen Gaude. Natürlich ist es gut, wenn man die körperlichen Hausaufgaben erledigt hat, aber die spezifische Kraft kann man sich nur auf dem Motorrad holen. Ich habe jetzt so viel Rumpfübungen gemacht wie selten zuvor, aber wenn ich dann einen Tag auf dem Motorrad sitze, habe ich am nächsten so einen Muskelkater im Kreuz, dass ich nicht weiß, wie ich mich bewegen soll. Das Fundament steht. Jetzt gehört es gescheit aufgemauert und isoliert.
Wenn Sie so viel Ihren Rumpf trainiert haben, wird Ihr Freund Marcel Hirscher neidisch sein ...
Ich war kürzlich wieder bei ihm und er meinte: "Du schaust aus, als hättest du zum ersten Mal in deinem Leben richtig trainiert." Wir haben dann ein bisschen in seinen Fitnessraum geschaut und ich habe ein paar Geräte ausprobiert. Ich glaube, dass der Unterschied zwischen uns schon einmal größer war.
Auf dem Motorrad haben aber Sie die Nase noch vorne?
(lacht) Das wäre traurig, dann würde ich vieles falsch machen. Aber ich freue mich, wenn wir miteinander ausrücken. Wenn man den Jänner weglässt, dann ist er schon öfter auf dem Motorrad gesessen als ich. Da hat er einen Trainingsvorsprung.
Fahren Sie im Renntempo oder gemütlich?
Wenn wir fahren, machen wir uns ein Ziel aus. Wir haben den einen oder anderen Steinbruch, in dem wir uns austoben können. Jeder fährt dann sein Programm herunter. Der sportliche Aspekt steht im Vordergrund.
Wie gut ist Marcel Hirscher wirklich auf dem Bike?
Für einen Profi wäre er nicht so gut, aber das ist normal. Immerhin fährt er auch sicher zehn Sekunden schneller Ski als ich und ich bin eigentlich für einen Laien ein guter Skifahrer. Doch im Vergleich zu ihm fahre ich vielleicht nur Schneepflugrouten. Aber für das, wie wenig er fährt, ist er gut, und ich bin froh, dass er Skifahrer geworden ist. Sonst müsste ich mich auf dem Motorrad auch noch mit ihm abkämpfen.
Aber Ihre Freundschaft leidet auch nicht auf der Piste?
Gar nicht. Aber es ist beim Motorradfahren auch so, dass er prinzipiell, wenn er vor mir ist, keine einzige Wasserlacke auslässt, um mich ja schön dreckig zu machen. Wir sind beide sehr professionell und wenn wir voll in unserem Element sind – auch wenn es beim Berggehen oder Boxen ist –, ist immer eine Challenge dabei. Das macht es aus, dass man sich gegenseitig pusht, aber einander den Erfolg auch vergönnt.
Wie wichtig ist eine Freundschaft mit jemandem, der auch im Rampenlicht steht und belagert wird?
Marcel ist von der Bekanntheit her sicher eine andere Hausnummer, doch in dieser Hinsicht habe ich extrem viel von ihm gelernt. Er hat vor zehn Jahren einen Prozess vom relativ unbekannten Marcel Hirscher zum Superhero durchgemacht. Bei mir ist der Bekanntheitsgrad durch den Dakar-Zweiten und den Sieg sehr gestiegen. Es ist schon enorm schwierig, wie man alles handhabt. Wie geht man mit den Menschen um? Mit Medienterminen? Wie spricht man mit Journalisten? Man kann es nicht immer allen recht machen und in erster Linie sind wir Rennfahrer und identifizieren uns über die Ergebnisse. Das andere ist "part of the game". Es war anfangs nicht einfach, da nicht zu viel Energie zu verlieren. Aber ich habe jetzt einen super Mittelweg gefunden und mich freut das öffentliche Interesse.
Muss man erst lernen, Nein zu sagen?
Auch ein bisschen, aber es ist viel wichtiger, ein gut strukturiertes Leben zu haben. Man muss nach dem Termin abhauen. Im Endeffekt könnte man nach Veranstaltungen drei, vier Stunden stehen und es kommt immer wieder einer, der die Geschichte vom Jänner hören will. Ich würde sie dann zwar liebend gerne erzählen, aber ich muss ja auch trainieren.
Sind Sie sonst ein Sitzenbleiber?
Eigentlich gar nicht. Ich rede voll gerne und auch das ist meine Leidenschaft. Aber ich muss auch spüren, dass es mein Gegenüber interessiert. Oberflächlicher Small Talk interessiert mich überhaupt nicht. Doch wenn ich merke, dass der andere für die gleiche Leidenschaft brennt, bleib auch ich einmal sitzen.
Mit wem würden Sie gerne einmal reden und sitzen bleiben?
Das hört sich jetzt zäh an, weil bislang war meine Antwort immer: Niki Lauda. Ich habe mich in seiner direkten Art, offen zu sagen, was man denkt, und in seinem Schmäh ein bisschen wiedererkannt. Einfach nicht immer zu versuchen, Everybody’s Darling zu sein – wobei er das perfektioniert hat. Ich habe ihn extrem geil gefunden. Ich hätte auch gerne gewusst, ob er wirklich so zielstrebig und verbissen war, wie es im Film "Rush" gezeigt wurde. Aber das geht ja leider nicht mehr. Andreas Gabalier wäre auch irgendwie cool.
Weil?
Weil es ein kompletter Tapetenwechsel zu meinem Leben wäre.