Der Fototermin musste im Blitztempo abgewickelt werden. Weil die bedrohliche Gewitterfront rasant auf Lannach im Bezirk Graz-Umgebung zugerollt, kam. Kurt Janisch öffnet seine Schatzkammer, sprich zwei Garagentore, und schiebt nur seine drei Lieblingsstücke ins Freie: Zwei Motorräder der belgischen Marke Fabrique Nationale (kurz FN/Baujahr 1928 bzw. 1929) und eine wunderschöne Puch T, 91 Jahre jung. Das legendäre Puch Maxi, die italienische Lambretta (Bj 52), die neuwertige Yamaha Virago (Bj 90) und die deutsche Standard (Bj 39) bleiben im Trockenen. So wie das 69 Jahre alte Steyr-Puch-Waffenrad mit Fuchs-Hilfsmotor. Diese Konstruktion ist schlicht und einfach der Vorläufer des Mopeds. Was alle historischen Motorräder gemeinsam haben? Die Maschinen wurden in jahrelanger Feinstarbeit vom Steirer persönlich restauriert und völlig neu aufgebaut. Mit einem Satz: Die edlen Stücke sind allesamt unverkäuflich. Keine Chance ...
Auch den Großglockner bezwungen
Vor allem an der Puch T hängt Kurts Herz. „Die habe ich von einem Feuerwehrmann gekauft, sie war völlig zerlegt in einer Kiste. Am Anfang habe ich mich gar nicht ausgekannt, welcher Teil wohin gehört“, schmunzelt Janisch. Doch das gute Stück war nach einem arbeitsintensiven Winter bereits einsatzbereit. „Das war bei der Semmering-Bergprüfung Ende der 70er-Jahre“, erzählt der gelernte Maler. Mit der nur 6-PS-starken Puch hat Janisch sogar den Großglockner bezwungen. Sein technisches Verständnis hat dafür gesorgt, dass seine Puch T etwas schneller war als die anderen Modelle der Serie. „Die Höchstgeschwindigkeit wurde damals mit 80 bis 90 km/h angegeben. Meine Puch ist scharf gemacht. Die überschreitet die 100er-Schallmauer.“ Eines will Janisch aber betonen: „Ich bin sicher kein Raser, ich bin auf dem Motorrad ein Genießer.“
Mit Genuss erzählt der Motorrad-Veteran auch vom Erwerb seiner ersten Maschine vor exakt 60 Jahren: „Das war eine Harley Davidson WLA, die die amerikanischen Besatzer nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich zurückgelassen haben. 500 Schilling (Anm. heute 36 Euro) hat der Benzinfresser gekostet.“ Und unvergessen bleibt auch der Erwerb der deutschen Standard von einem Bauern in Semriach. „Dieser hat die Maschine für eine Kuh eingetauscht. Das Ganze hat sich vor 45 Jahren, also 1975, abgespielt.“
Weltmeister Rupert Hollaus
Die Liebe für Motorräder ist seit mehr als 60 Jahren da. Als 14-Jähriger hat Janisch natürlich mitbekommen, „dass Österreich über einen Weltmeister in der 125-ccm-Klasse jubeln durfte.“ Wenn auch nur kurz. Rupert Hollaus war es 1954 als erstem Österreicher auch gelungen, den Sieg bei der berühmt-berüchtigten Tourist Trophy auf der Isle auf Man einzufahren. Hollaus ereilte aber ein ähnliches Schicksal wie 16 Jahre später Jochen Rindt. Er verunglückte als bereits feststehender Weltmeister beim Training zum Großen Preis der Nationen in Monza.
Heute ist Kurt Janisch Fan von Valentino Rossi. „Er fährt ja wie ich eine Yamaha“, kommt Janisch bei diesem Satz ins Lachen. Riesigen Respekt hat er aber vor allen Fahrern. „Die Buam hackeln noch bei und auf ihren Töpfen. Die haben noch richtig Herz. Wirklich unglaublich ist, wie die Fahrer nach einem Sturz wieder aufstehen. Da musst du unglaublich durchtrainiert sein.“ Das stimmt ...
Sigi Palz