Das lange Warten hat jetzt auch für alle Fans des Motorsports auf zwei Rädern endlich ein Ende. Mit reichlich Verspätung startet am Wochenende in Jerez die Motorrad-Straßen-WM in die erste Saison während der Covid-19-Pandemie. Zumindest bei den ersten Rennen zwar ohne Zuschauer, dafür mit einigen Fragezeichen. So umfasst der stark überarbeitete Kalender derzeit 13 Rennen - ob bis Mitte Dezember in Argentinien, Thailand oder Malaysia gefahren werden kann, ist zum Beispiel noch völlig offen.
Unstrittig ist jedoch, wer auch heuer wieder der große Gejagte sein wird. Titelverteidiger Marc Marquez, der einen ihm bestens bekannten neuen Teamkollegen hat. Nach dem Rücktritt von Jorge Lorenzo ging der zweite Sitz beim Honda-Werksteam nämlich an Alex Marquez, den um drei Jahre jüngeren Bruder des achtfachen Weltmeisters.
Für den 27-jährigen Marc Marquez geht es in diesem Jahr um den bereits siebenten Titel in der MotoGP, bei Erfüllung dieser Mission hätte er die Marke von Valentino Rossi egalisiert. Dann stünde nur noch der Italiener Giacomo Agostini mit seinen acht Weltmeisterschaften vor ihm. "Es wird speziell werden", erklärte der Katalane Marquez angesichts der Rahmenbedingungen. "Wir wollen den Menschen ein Spektakel bieten und etwas Freude bringen."
Die familiäre Eintracht auf zwei Rädern wird es aber nur für ein paar Monate geben, da Alex Marquez in der nächsten Saison zum Honda-Kundenteam LCR wechseln muss. Fraglich, ob Marc seinen Vertrag im Frühling gleich um vier Jahre verlängert hätte, wenn er von dieser bevorstehenden Degradierung des Moto2-Champions gewusst hätte.
Die großen Konkurrenten von Marquez um die MotoGP-Krone im Corona-Jahr sind Andrea Dovizioso (nach überstandenem Schlüsselbeinbruch) und Danilo Petrucci bei Ducati, Maverick Vinales auf der Werks-Yamaha, Alex Rins auf Suzuki und Fabio Quartararo (Petronas-Yamaha). Nicht mit von der Partie ist Andrea Iannone, der seine Dopingstrafe vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) beeinsprucht. Der Italiener argumentiert, er habe das Steroid Drostanolon unwissentlich über kontaminiertes Fleisch eingenommen. Sollte das Gericht die 18-monatige Sperre aufheben, könnte der Aprilia-Pilot später zurückkehren.
Nur mehr ein winziges Fragezeichen steht hinter der Zukunft von Valentino Rossi. "The Doctor" wartet zwar nun schon seit mehr als drei Jahren auf seinen 90. Grand-Prix-Sieg in der Motorrad-"Königsklasse", trotzdem wird der Italiener seine Karriere wohl auch nächstes Jahr fortsetzen - einer Verlängerung bei Yamaha dürfte nichts im Wege stehen. "Es ist zu 99 Prozent fix, wir müssen nur noch Details klären", sagte der 41-Jährige in Jerez.
Ein wenig erinnert die heurige MotoGP-Saison an rot-gelb-rote Meisterschaften: Sieben der 13 Rennen, also mehr als die Hälfte, sollen in Spanien über die Bühne gehen. Diese Schlagseite spiegelt sich annähernd auch bei den Fahrern wider, da neun von 22 Männern einen spanischen Pass besitzen.
Das Highlight aus rot-weiß-roter Sicht? Auf dem Red Bull Ring in Spielberg sind die Marquez-Brüder, Dovizioso, Rossi & Co. am 16. und 23. August zu Gast.