Die Formel 1 legte im Juli mit dem Grand Prix in Spielberg schon einmal vor. Die Königsklasse auf vier Rädern hat die Gunst der Fans halbwegs zurückgewonnen. Die Eintönigkeit der silbernen Siegesserie ist gebrochen, die Autos sind wieder aggressiver, schneller, atemberaubender.

Aber ist ein Sebastian Vettel mit dem Ferrari auch schneller als die "Wilde Horde" auf zwei Rädern, als ein Valentino Rossi auf der Yamaha oder ein Marc Marquez auf der Honda? Geht es nach den Rundenzeiten auf dem Red-Bull-Ring, dann ist die Frage ganz einfach zu beantworten.
Ja, ganz klar, die Formel 1 hat die Nase vorne. Im Vorjahr war Lewis Hamilton im Qualifying mit 1:07,922 Minuten der Schnellste. Heuer verbesserte Valtteri Bottas im Abschlusstraining die Rundenzeit für die Pole-Position noch einmal um mehr als drei Sekunden auf 1:04,251. Zum Vergleich: Andrea Iannone (Ducati) war 2016 Pole-Mann in 1:23,142, also rund 20 (!) Sekunden langsamer als die Formel 1. Aber wo verlieren die Bikes die Zeit?

Zu wenig Geradeaus in Spielberg

Ist es die Beschleunigung? Nun, im Sprint von 0 auf 100 km/h liegen beide gleichauf, sowohl ein Formel-1-Bolide als auch eine Rennmaschine brauchen rund zweieinhalb Sekunden. Beim Auto drohen permanent die Räder durchzudrehen, das Motorrad bleibt mit dem Vorderrad nicht auf dem Boden. Jedoch übernimmt von 0 auf 200 km/h das Zweirad die Spitzenposition. Ab 180 km/h greift im Vierrad immer mehr die Fahrzeugelektronik ein, während der MotoGP-Pilot immer noch Vollgas geben kann. Die Formel 1 schafft es in 5,2 Sekunden, das Motorrad in 4,8 Sekunden. Bis 300 km/h holt ein Formel-1-Wagen wohl wieder auf. Hier braucht die MotoGP-Maschine 11,8 Sekunden, das Auto hingegen gerade einmal 10,6. Allerdings: Das Auto benötigt ziemlich lange Geraden, um schnell zu fahren.

Auch bei der Höchstgeschwindigkeit lässt sich ein Motorrad nicht abhängen. Mit 349,6 km/h hält Iannone den Spitzenwert, aufgestellt in Mugello. Für solche Werte stehen dem Auto die schlechten Luftwiderstandswerte wegen der großen, breiten Räder im Weg. 320, 330 km/h sind das Äußerste der Gefühle.

Warum ist die Formel1 trotzdem schneller?

Aber wo liegen die wahren Stärken der Formel 1? Wo holt das Auto einen derart großen Vorsprung von rund 20 Sekunden pro Runde?

Das Motorrad kann mit der Aerodynamik eines Formel-1-Boliden nicht mithalten. Das heißt: In den Kurven macht das Auto richtig Tempo, da ist die Formel 1 um ein Vielfaches schneller. In der Rindt-Kurve liegt der Speed zwischen 180 und 190 km/h, diese Werte erreicht das Bike nie, hier müssen Rossi, Marquez und Co richtig abbremsen (auf maximal 100 bis 120 km/h). Apropos Bremsen: Der körperliche Aufwand bzw. das Fahrkönnen für die perfekte Kurventechnik ist auf zwei Rädern höher als auf vier. Und ein Auto erreicht in der Verzögerungsphase bis zu 5 g. Ohne Flügel oder Ähnliches hält das MotoGP-Motorrad nicht mit. Das Hinterrad geht bei einer harten Bremsung in die Luft, das Bike stellt sich quer und driftet zum Kurveneingang – und einige Fahrer strecken dabei fast unwillkürlich ihr Bein nach außen. Viel spektakulärer geht es eigentlich nicht. Dennoch, ein Motorrad muss bei engen Kurven rund 200 Meter früher bremsen. Und genau da hängt die Formel 1 das Motorrad ab. Auch auf die Renndistanz hin. Der Siegerschnitt von Valtteri Bottas betrug heuer 224,757 km/h, jener von Andrea Iannone im Vorjahr 182,401 km/h.

Fazit: Die Formel 1 ist technisch schneller, der Körpereinsatz der Biker spektakulärer und aufregender. In Summe ist es also doch ein klassisches Remis.