Wenn am Wochenende die MotoGP nach 19 Jahren nach Österreich zurückkehrt, wird am Red Bull Ring kein österreichischer Fahrer Runden drehen. Auf einen zukünftigen heimischen Senkrechtstarter deutet nichts hin, denn eine gezielte Nachwuchsförderung ist nicht existent. Das liegt auch an einer Struktur, in der sich niemand verantwortlich dafür fühlt.

August "Gustl" Auinger ist Österreichs letzter GP-Sieger (1986/Misano) und sein Urteil fällt niederschmetternd aus: "Die heimische Motorsportszene sandelt seit Jahren kontinuierlich ab." Der 61-Jährige sollte es wissen, als Riding Coach im Red Bull MotoGP Rookies Cup - einer internationalen Nachwuchsserie - und Experte für Servus TV ist er nach wie vor in der Szene aktiv. Seine fünf Siege in der 125er-Klasse sind österreichische Motorsportgeschichte.

Er teilt sich diese Bestmarke mit Rupert Hollaus, der ebenfalls fünf Rennen gewann und 1954 als bisher einziger Österreicher Weltmeister wurde. "Das ist zwar lange her. Aber es gab in Österreich immer jemanden, der ein wenig aufgezeigt hat", sagt Auinger, um danach den Kopf zu schütteln. Einen potenziellen Nachfolger sucht er nämlich vergeblich. Zwar war mit Martin Bauer vor drei Jahren ein heimischer Pilot kurz sogar in der MotoGP aktiv. Doch der versank nach zwei erfolglosen Rennen wieder in der Versenkung. Und von unten drängt niemand nach.

Keine Nachwuchsförderung

Die Situation erinnert an die Diskussion, die es auch in der österreichlosen Formel 1 gibt. "Nachwuchsförderung ist in Österreich praktisch nicht existent", sagt Markus Zörweg, Journalist bei Motorsport-Magazin.com. Dabei müsse das Rad nicht neu erfunden werden, traditionelle Motorsportländer wie Italien, Spanien oder Deutschland könnten - in abgespeckter Form - als Vorbild in Sachen Nachwuchsförderung gelten.

"Es ist das klassische österreichische Phänomen", meint Auinger. "Wir denken viel nach, warum es nicht geht und denken nicht nach, wie es gehen könnte." Er ist von der Idee einer Nachwuchsserie überzeugt. "Es muss so etwas wie früher im Gokart-Bereich geben. Das hat den Einstieg in den Rennsport möglich gemacht." Derzeit würden selbst Rohdiamanten durch den Rost fallen, weil sie erst gar nicht gesichtet werden.

"Man hat auf die Funktionsweisen des modernen Motorsports nicht reagiert. Das ist von der OSK nicht wahrgenommen worden", meint Auinger. Die Oberste Nationale Sportkommission für den Motorsport (OSK) ist Vertreterin der Internationalen Verbände, regelt und überwacht den Motorsport in Österreich. Sie ist außerordentliches Mitglied in der Bundes-Sportorganisation (BSO), insgesamt aber eher ein Interessensverband für Sportler und Veranstalter - und dem ÖAMTC unterstellt.

Keine Nachwuchs-Rennserie

Eine nationale Nachwuchs-Rennserie auf Asphalt gibt es im Kalender, den die OSK sportrechtlich überwacht, nicht. Die Sporthoheit, so Auinger, solle sich fragen: "Welche guten Nachwuchsmodelle gibt es international und welche rechtlichen Möglichkeiten, das zu kopieren, haben wir?"

"Keine", sagt Günter Zaritsch, Kommissions-Vorsitzender für Motorradrennsport in der OSK. "Der österreichische Verband hat dafür kein Geld. Der ÖAMTC ist zwar groß und mächtig, aber die OSK ist für ihn nur eine finanzielle Belastung", erklärt Zaritsch. Bestrebungen, etwas auf die Beine zu stellen, seien im Sande verlaufen. Er ist beruflich nunmehr in Pension, als ambitionierter Funktionär fühlt er sich ohnmächtig. "Man hat, das muss ich ganz ehrlich sagen, auch kein Interesse daran, die Jugendarbeit zu forcieren."

Das spürt Auinger tagtäglich beim Rookies Cup. Anders als in Spanien, wo Talente schon im zarten Alter von acht Jahren gefördert werden, stehen heimische Talente 13-jährig und meist grün hinter den Ohren vor ihm. "Wenn dir die Italiener und Spanier bei der Sichtung um die Ohren fahren, gehst du beim nächsten Mal nicht mehr hin", sagt Auinger. Das habe sich herum gesprochen, jährlich würden sich höchstens eine Handvoll heimische Jugendliche bewerben. Auch diesmal hat es wieder kein österreichischer Starter ins 24-köpfige Feld geschafft.

Sehnsucht nach heimischen Piloten

Dabei steigt mit KTM eine österreichische Herstellerfirma 2017 in die Königsklasse ein. "Klar wäre es schön, wenn wir irgendwann einen österreichischen Fahrer in der Moto2 oder sogar MotoGP hätten. Das wäre das Beste für uns, was es gibt", erklärt KTM-Pressesprecher Philipp Grünberger, betont aber: "Es kann nicht unsere Aufgabe alleine sein, zu schauen, dass der österreichische Nachwuchs in Schwung kommt."

In Spielberg am Wochenende will Funktionär Zaritsch den Stars bei der Arbeit zusehen. Er hofft auch auf ein Treffen mit Auinger, um mögliche Ideen zu besprechen. "Der Gustl ist in der Szene, er hat Kontakt zu Red Bull und KTM, der wäre bestimmt ein guter Mann dafür."

Mit der MotoGP kommt auch das mediale Blitzlichtgewitter zurück nach Österreich. Dass der Sport vermehrt in den öffentlichen Fokus rückt und für Jugendliche wie Sponsoren interessanter wird, darauf hoffen alle Beteiligten. "Vielleicht beflügelt es ja ein paar", sagt Auinger und meint damit wohl beide: Talente und Geldgeber. "Es kann wieder besser werden. Aufgeben tu ich es nicht."