Sein Beiname kommt nicht von ungefähr, ist Francesco Bagnaia doch seit Jahren für seine Perfektion auf zwei Rädern bekannt. „Pecco perfetto“ sitzt nicht nur auf dem schnellsten Bike der MotoGP, der italienische Doppel-Sieger auf dem Red Bull Ring weiß diesen Vorteil auch auszunutzen wie kaum ein anderer. Dritter Grand-Prix-Sieg in Folge, zweites „Double“ mit Platz eins in Sprint und Rennen – der WM-Führende und amtierende Weltmeister ist abermals der große Gejagte in der Motorrad-Königsklasse.
In der Rolle des Jägers findet sich neben Verfolger Jorge Martin auch Marc Marquez wieder, seinerseits sechsfacher Champion in der MotoGP und einer der ganz großen Superstars. Vor der Saison verließ der Spanier nach Jahren seinen langjährigen Partner Honda und wechselte zum Ducati-Kundenteam Gresini. Die Leidenszeit schien vorbei, saß Marquez plötzlich wieder auf einem konkurrenzfähigen Bike. Zu oft musste der 31-Jährige in seinen letzten Jahren bei den chancenlosen Japanern die Grenzen des Möglichen verschieben, an das absolute Limit gehen und auch darüber hinaus. Anstatt Erfolge gab es für diesen übertriebenen Einsatz aber Unfälle und Verletzungen – inklusive Operationen und langer Pausen.
Der Neustart bei den Italienern war ein mutiger Schritt, zahlte sich bisher aber voll aus. Vier GP-Podestplätze und eine Pole Position sprechen Bände, ein Sieg fehlt dennoch seit 24. Oktober 2021. Es ist die fehlende Perfektion, die Marquez bisher vom obersten Treppchen fernhält und ihn nicht entscheidend in den Titelkampf eingreifen lässt. „Bis jetzt noch nicht“, lautete etwa die Antwort auf die Frage, ob er in diesem Jahr schon einmal ein Rennwochenende hatte, an dem alles perfekt zusammengepasst hätte. „Aber ich brauche wirklich ein perfektes Wochenende, wenn ich mit denen da vorne ernsthaft kämpfen möchte. Nur dann habe ich eine Chance.“
Pech und Fehler
Chancen boten sich auch in Spielberg, doch der 59-fache MotoGP-Sieger wurde auch auf dem Red Bull Ring vom Pech verfolgt. Im Sprint am Samstag schlichen sich Fehler ein. Ein Sturz machte einen Spitzenplatz zunichte. „Es ist schwierig für mich zu akzeptieren. Ich kenne meine Fehler und habe einfach zu viel Risiko genommen. Das ist schade, da ich mich wirklich großartig gefühlt habe auf dem Bike“, haderte der Spanier mit seinem Fehler. Im Grand Prix dann der nächste Rückschlag. Schon beim Start verabschiedete sich sein Ride-Height-Device. Nachdem die Lichter aus waren, fiel Marquez weit zurück, kollidierte sogar mit Franco Morbidelli. „Mit diesem Chaos vor dem Start war es schwierig, konzentriert zu bleiben. Ich wollte ruhig bleiben und gut aus der ersten Kurve kommen.“
Das gelang jedoch nur bedingt, weshalb der Routinier vor Tausenden seiner Fans zur großen Aufholjagd ansetzte und im restlichen Rennen bewies, wieso er zu den erfolgreichsten Fahrern seines Sports zählt. Motorrad um Motorrad schnappte sich der Gresini-Fahrer und betrieb mit Platz vier am Ende noch Schadensbegrenzung. „Es ist schade, da ich am Wochenende ein großartiges Gefühl hatte und es wirklich genießen konnte, die Performance war grandios.“ Die aktuelle Performance seines Bikes muss Marquez nun auch endlich ummünzen, um vielleicht schon ein Jahr vor seinem Wechsel zum Werksteam der Italiener wieder um Siege kämpfen zu können. „Das perfekte Wochenende wird kommen, vielleicht schon jetzt in Aragon.“