"Sie sind voraus und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie Monate vor allen anderen begonnen haben, das Auto fürs kommende Jahr zu entwickeln", sagte Mercedes-Star Lewis Hamilton über den Konstrukteursweltmeister Red Bull.
Entmutigen lassen will sich der Brite nicht. Doch kann er Michael Schumacher wirklich noch den wichtigsten Rekord entreißen? Sieben WM-Titel haben die beiden Ausnahmerennfahrer gewonnen, Hamilton würde nur zu gerne noch Nummer acht holen. 2021 scheiterte er im Duell mit Verstappen knapp, danach wurde es deutlicher. Hamilton wird noch im Alter von 40 Jahren im Cockpit der Silberpfeile sitzen, verlängerte kürzlich seinen Vertrag um zwei weitere Saisonen. "Wir werden zurückkommen. Wir schaffen das. Der nächste Schritt aufs oberste Podest wird kommen. Und es wird wohl mein größter Triumph in meiner Karriere sein", sagte Hamilton dem Schweizer "Blick".
Nach teilweise ganz bitteren Monaten arbeitet Mercedes daran, wieder ein starkes Auto zu bauen. Von 2014 bis 2020 gab es Titel um Titel für das Team von Toto Wolff, auch Regeländerungen sorgten dann dafür, dass Red Bull vorbeizog. Der Austrorennstall ist das Maß der Dinge, zuletzt in Japan schockte der bald dreimalige Weltmeister die Konkurrenz. "Wir waren einfach eine Sekunde weg. Diese Lücke nächstes Jahr zu schließen, wenn sie an diesem Punkt auf so einer Strecke noch immer eine Sekunde beträgt, das ist definitiv für uns als Team besorgniserregend", sagte der 38-Jährige. Aber irgendwie ist es auch ein Ansporn.
Allerdings läuft Hamilton die Zeit davon. Ohne den perfekten Wagen wird es unmöglich, bis 2025 in den Titelkampf einzugreifen. Zumal ein weiterer Konkurrent in der eigenen Garage lauert. Sein britischer Landsmann George Russell hat keine Lust auf die Rolle der Nummer zwei, er ist der kommende Star von Mercedes. Zuletzt in Japan kam es fast zum Crash der hart kämpfenden Teamkollegen, so hitzig wie 2016 ist es aber nicht. Damals eskalierte es zwischen Hamilton und Ex-Stallrivale Nico Rosberg, der später Weltmeister wurde.
"Kämpfen wir jetzt gegeneinander oder gegen die anderen?", fragte Russell am Funk. Der 25-Jährige schien irritiert und wähnte die Teamführung auf der Seite des Altmeisters. Und der ist längst wieder im Angriffsmodus. Dieser brachte Hamilton in 16 Jahren bisher 103 Grand-Prix-Siege. Niemand sonst hat das geschafft, niemand sonst stand zudem so oft auf Startplatz eins. Dass Hamilton nun aber schon seit 38 Rennen nicht gewonnen hat, ärgert ihn selbst am meisten. Zwar wird der aktuelle Bolide mit dem Namen W14 auch in Katar technisch weiter verbessert, der Fokus liegt aber immer stärker auf dem W15 für 2024.
Trotz der Erfolge von Verstappen, dem ein sechster Platz im Sprint in der Wüste nördlich von Doha am Samstag (19.30 Uhr/ORF 1 und Sky) zur erfolgreichen Titelverteidigung reicht, ist Hamilton das Gesicht der Formel 1. Ein Weltstar mit viel Einfluss, einem Vermögen von mindestens 300 Millionen Euro und einem besonderen Wertekompass. Er ernährt sich rein pflanzlich, engagiert sich im Tierschutz und für mehr Diversität nicht nur im Motorsport. "Vor allem die nicht so privilegierten Kinder sollten nicht weniger Chancen haben als jene mit einem reichen Hintergrund. Daran arbeite ich und hoffe, dass ich einiges ändern kann", sagte er.
Hamilton kommt selbst aus bescheidenen Verhältnissen. Sein Vater hatte gleich mehrere Jobs, um ihm das teure Kartfahren in der Kindheit zu ermöglichen. Mit vier Jahren saß er erstmals hinterm Steuer, war damals in den Nachwuchsserien schon der einzige Schwarze. Oft sah er sich gerade in der Jugend mit Rassismus konfrontiert und äußert sich auch deswegen oft deutlich in solchen Situationen.
2021 sorgte er für Aufsehen, als er mit einem eigens designten Regenbogenhelm das bisher letzte Rennen in Katar gewann. Es war sein Zeichen für Vielfalt in einem Land mit großen Menschenrechtsproblemen, in dem nicht nur Minderheiten mit Unterdrückung kämpfen. Eine Wiederholung des sportlichen Erfolgs auf dem Kurs nördlich von Doha am Sonntag (19.00) erscheint zwar eher unwahrscheinlich, zumindest sollen im Golfemirat aber Punkte geholt werden, um für Mercedes Platz zwei in der Team-WM vor Ferrari zu verteidigen.
Noch keinen Kinderwunsch
"Ich will meinen Job zu 100 Prozent machen", sagte Hamilton dem "Blick" zuletzt und gewährte auch einen seltenen Blick in sein Privatleben. "Nein. Dafür habe ich keine Zeit", antwortete er auf die Frage, ob er in naher Zukunft eigene Kinder haben möchte. "Ich habe mich für diesen großen Schritt noch nicht entschieden. Ich habe noch Ziele mit dem Rennwagen – und da muss alles hinten anstehen."