Die WM-Führung an seinen Teamkollegen zu verlieren – das ist etwas, womit sich ein Champion wie Max Verstappen überhaupt nicht anfreunden kann. Und so legte der Weltmeister vom neunten Startplatz aus beim Miami-GP eine seiner absoluten Glanzvorstellungen hin, fing den aus der Pole Position gestarteten Sergio Perez noch ab, holte sich auch noch überlegen die schnellste Rennrunde, feierte seinen dritten Saisonsieg und baute seine WM-Führung wieder auf 14 Punkte aus. Neben den beiden Red-Bull-Piloten schaffte es Fernando Alonso im Aston Martin als Dritter erneut aufs Podium.
Das Rennen in Miami war erneut die große Show der Promis, der Reichen und Schönen, von Elon Musk und Jeff Bezos über Roger Federer, Mike Tyson, Musik-, Comedy- und Filmstars – mit 270 000 Fans über das ganze Wochenende, trotz horrender, oft vierstelliger Eintrittspreise. Selbst Ex-F1-Teamchef Eddie Jordan, ein bisschen Show gegenüber normalerweise nicht abgeneigt, war nicht unbedingt begeistert: „Meine Sache ist es nicht unbedingt – aber gut, ist halt nun mal so.“
Red-Bull-Motorsportkoordinator Helmut Marko schlug in die gleiche Kerbe vor dem Rennen: „Die Show steht hier schon deutlich im Vordergrund – und wir tragen dazu bei, indem wir Max von Platz neun starten lassen.“ Wozu der Weltmeister allerdings auch selbst einen gehörigen Teil beitrug: Verstappen unterlief im Qualifying in seinem ersten Run im Q3 ein kleiner, seltener, aber am Ende teurer Fehler: Der Red-Bull-Pilot rutschte in Kurve sieben leicht von der Strecke, brach seine Runde daraufhin ab. Weil beim finalen Schlagabtausch vor ihm jedoch Ferrari-Star Charles Leclerc an der gleichen Stelle abflog und sein Auto in die Bande setzte, wurde die Session mit der roten Flagge beendet und Verstappens blieb ohne Zeit auf Platz neun kleben.
Fehleranfälliger Charles Leclerc
„Es war mein Fehler. Ich habe versucht ans Limit zu gehen, habe mich etwas vertan und musste die Runde abbrechen“, erklärte Verstappen danach selbstkritisch. „Danach ist man natürlich etwas vom Glück abhängig, dass es keine rote Flagge gibt. Auf einem Straßenkurs kann das aber immer passieren. Deshalb bin ich etwas sauer auf mich selbst.“ Auch Leclerc ärgerte sich massiv: „Es ist inakzeptabel, zweimal den gleichen Fehler in der gleichen Kurve zu machen“ - zweiten freien Training am Freitag war er an der gleichen Stelle abgeflogen. „Ich bin wirklich sehr enttäuscht von mir und kann das gerade auch nur schwer verbergen.“
Doch während der Monegasse im Rennen ebenfalls enttäuschte, sich immer wieder über ein springendes Auto beschwerte und am Ende nur auf Platz sieben ins Ziel kam, lieferte Verstappen eine weltmeisterliche Show. „In der 25. Runde wird er bei mir im Rückspiegel auftauchen“, hatte der neben Perez aus der ersten Reihe gestartete Fernando Alonso prophezeit. Der Spanier irrte sich: Schon in der 15. Runde war Verstappen an ihm vorbei, in der 21. hing er schon knapp hinter Perez, übernahm die Führung, als der auf den Medium-Reifen gestartete Mexikaner zum Reifenwechsel an die Box kam.
Strategie brachte den Sieg
Verstappen blieb auf den harten Gummis noch bis zur 45. Runde draußen, Perez konnte mit den frischeren Reifen nur knappe zwei Sekunden Zeit gutmachen – die beiden trieben sich wie schon zuletzt in Baku ziemlich ans Limit. Trotz eines nicht optimalen Boxenstopps von 3,1 Sekunden kam der Niederländer nur eineinhalb Sekunden hinter seinem Teamkollegen wieder auf die Strecke, nutze den Vorteil seiner neuen Medium-Reifen und war zwei Runden später wieder in Führung. Allerdings versuchte Perez zumindest, die Zähne zu zeigen: Kampflos gab er seine Position nicht auf, hielt hart dagegen – allerdings im Rahmen dessen, was die Teamführung von Red Bull an der Boxenmauer, die nicht in das Duell eingriff, noch ohne ganz großes Zittern akzeptieren konnte.
Perez hatte sich nach dem Qualifying große Chancen ausgerechnet, Verstappen an der Spitze der WM abzulösen: „Es geht darum abzuliefern, wenn es drauf ankommt. Bisher war es kein leichtes Wochenende für mich, aber gerade an solchen Tagen muss man alles rauszaubern, was man kann und die Schwierigkeiten überkommen. Das macht den Unterschied“, meinte er. Dass es dann im Rennen doch nicht klappte, lag vielleicht auch an der Strategie: Mit dem harten Reifen zu starten, schien auf der nach heftigem Regen in der Nacht wieder "grünen" Strecke die bessere Lösung zu sein, was auch Lewis Hamilton bewies, der so von Platz 13 auf Platz sechs nach vorne fuhr.
Karin Sturm