Eigentlich soll in diesem Jahr endlich der erste Fahrer-WM-Titel für Ferrari seit 2007 und Kimi Räikkönen her – aber schon vor dem zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien kracht es bei den Roten gewaltig im Gebälk. Fehlende Zuverlässigkeit, in Sachen Speed vor allem über die Distanz deutlich hinter Red Bull, das sorgt für Unruhe, von außen und innen. Sowohl der neue Teamchef Frederic Vasseur als auch Charles Leclerc und Carlos Sainz kommen aus dem Dementieren kaum heraus – so zahlreich sind die Geschichten über Unruhe im Team, Krisenmeetings oder geplante Abgänge von Schlüsselfiguren.
Vasseur, als Ferrari-Teamchef erstmals im Fokus der italienischen Medien, gibt sich ahnungslos: „Es ist schwer zu verstehen, warum das Team nach nur einem Rennen zur Zielscheibe wird. Ich habe alle aufgefordert, sich weiterhin auf die Leistung zu konzentrieren und Lösungen für die Zuverlässigkeitsprobleme zu finden, denn die Meisterschaft ist lang.“
Einiges lässt sich freilich nicht wegdiskutieren: Langjährige Ferrari-Mitarbeiter, die teilweise dem Umfeld von Ex-Teamchef Mattia Binotto zugeordnet wurden, haben das Team bereits verlassen. Darunter Chefingenieur David Sanchez oder auch die Ferrari-Urgesteine Gino Rosato, ein Logistik-Spezialist, und der Sponsor-Manager Jonathan Giacobazzi. Ferrari-Rennleiter Laurent Mekies sowie Technikdirektor Enrico Cardile werden ebenfalls mit einem Abschied in Verbindung gebracht. Vasseur will davon nichts wissen, er „glaube nicht, dass noch weitere Leute gehen“.
Sportlich versucht indes Leclerc, der wegen eines erneuten Wechsels einer elektronischen Steuereinheit an seinem Ferrari um zehn Plätze in der Startaufstellung zurückversetzt wird, die Wogen zu glätten. „Schön ist das nicht, schon beim zweiten Rennen eine solche Strafe hinnehmen zu müssen. Ich weiß, dass ich im Rennen viele Plätze gutmachen muss, aber gleichzeitig ist das eine schöne Herausforderung.“
Dass er um einen Termin bei Ferrari-CEO Benedetto Vigna und Präsident John Elkann gebeten habe, um seine Zukunft in Rot neu zu betrachten, sei nicht wahr und nur eines der vielen Gerüchte, die durch die Gegend schwirrten. Zuletzt war ja sogar davon die Rede, dass Lewis Hamilton an einen Platz bei Ferrari denke und Leclerc dafür zu Mercedes ziehe. Worüber sich der Monegasse ärgert: „In letzter Zeit gibt es mir zu viele Geschichten, die jeder Grundlage entbehren, vielleicht will man uns da einfach ein wenig aus der Ruhe bringen. Wir stehen zusammen, was von außen kommt, ist nur Gerede, das uns nicht weiter zu interessieren braucht. Ich liebe Ferrari und ich will mit Ferrari Rennen gewinnen.“
Auch Carlos Sainz behauptet tapfer, der Unfriede käme vor allem von außen, tatsächlich sei die Stimmung innerhalb des Teams deutlich besser, als es in den ganzen Meldungen klinge. Einige würden offenbar versuchen, „das Team zu destabilisieren“. Doch so weit sei man noch lange nicht, wie der Spanier versichert: „Wir sind erst ein Rennen gefahren. Es ist unmöglich, die Performance schon jetzt zu bewerten“, sagt Sainz. Dass Ferrari allerdings schon vor dem ersten Training in Dschidda an beiden Autos aus Sicherheitsgründen den Motor wechseln musste, klingt nicht gerade vielversprechend für den restlichen Saisonverlauf.
Karin Sturm