Schon lange bevor die erste Rennrunde der neuen Formel-1-Saison gefahren ist, brodelt die Gerüchteküche in der Königsklasse des Motorsports wieder gewaltig. Etwaige Meldungen, wie jene, dass Sebastian Vettel in Bahrain sein Comeback geben könnte, um den verletzten Lance Stroll zu ersetzen, zerschlugen sich aber schnell. Eine Nachricht geisterte bei den Testtagen aber Tag für Tag durch das Fahrerlager und dürfte tatsächlich mehr als nur ein Gerücht sein.
Schon im Vorjahr gab es immer wieder Meldungen, dass die neue Red-Bull-Führung um Oliver Mintzlaff in AlphaTauri keine Zukunft mehr sehe. Bei den Tests in Bahrain kam das Thema wieder auf. Mehreren Medienberichten zufolge denkt man in der Chefetage offen über einen Verkauf des Rennstalls nach. Zu teuer sei das zweite Team, das in Sachen Erfolg und Marketing oft nur hinterherfährt. War AlphaTauri, zuvor Toro Rosso, in den Anfangsjahren noch die Kaderschmiede für das Weltmeisterteam Red Bull Racing, fehlte es den Bullen in den vergangenen Jahren an konkurrenzfähigen Nachwuchstalenten, was auch die Verpflichtung des 28-jährigen Nyck de Vries beweist. Ein weiterer Punkt, der für eine Veränderung der Strukturen innerhalb des RB-Konzerns spricht.
Mit Platz neun im Vorjahr gab es auch sportlich einen großen Rückschlag für den Rennstall von Franz Tost. "Die Leistungen waren nicht zufriedenstellend. Wir werden alles analysieren und dann die richtigen Weichen für die Zukunft stellen", sagte Motorsportberater Helmut Marko im Winter nach einem ersten Treffen mit Mintzlaff über AlphaTauri. In Bahrain legte er nun nach. Grundsätzlich wolle er die Gerüchte "nicht kommentieren", es ist für ihn aber klar, dass die Synergien mit Red Bull Racing in den vergangenen Jahren "nicht voll ausgenutzt" wurden. Damit sich das ändert, steht neben einem Verkauf auch eine Umsiedelung ins englische Milton Keynes im Raum, um die Zusammenarbeit mit dem "Einserteam" zu intensivieren und die Kosten zu senken.
Gelingt das nicht, wäre der letzte Ausweg aber wohl ein Verkauf des Teams. „Diese Entscheidung liegt bei den Shareholdern“ erklärte Marko zuletzt und hielt fest, dass diese Gesellschafter mit den Erfolgen der vergangenen Saison wohl kaum zufrieden sind. Die Suche nach einem Käufer dürfte sich jedenfalls alles andere als schwierig gestalten. Ex-Weltmeister Michael Andretti aus den USA macht schon lange kein Geheimnis daraus, dass er um jeden Preis in die Formel 1 will. Vor wenigen Wochen tat er sich dafür mit General Motors zusammen, will mit dem US-Konzern die Marke Cadillac in die Königsklasse bringen. Zwar kann sich die Rennserie, im Gegensatz zu vielen Teamchefs, ein zwölftes Team vorstellen, dieses würde aber frühestens 2025 möglich sein.
Mit einem Kauf von AlphaTauri würde sich Andretti auch die "Anti-Dilution Fee", eine Aufnahmegebühr von 200 Millionen US-Dollar, die jedem der anderen zehn Rennställe 20 Millionen zusichert, ersparen. Außerdem könnte das Team bereits 2024 am Start stehen. Es ist also nicht verwunderlich, dass bereits von ersten Gesprächen zwischen den US-Amerikanern und Red Bull zu hören ist. Der kolportierte Kaufpreis soll sich im Bereich zwischen 600 und 720 Millionen Euro bewegen. Neben Andretti wären auch Honda oder Porsche potenzielle Interessenten.