Gewinner

Max Verstappen

Bei seinen Statistiken ist es nicht überraschend, dass der Weltmeister zu den großen Gewinnern dieser Saison zählt. Im Vorjahr noch nach einem dramatischen und turbulenten Finale zum Champions gekrönt, ließ der Niederländer 2022 keine Zweifel daran, wer sich den Titel holt. Trotz eines schwachen Saisonstarts mit zwei Ausfällen in Bahrain und Australien sicherte sich der 25-Jährige bereits in Japan seinen zweiten Gesamtsieg.

Verantwortlich dafür war eine eindrucksvolle Siegesserie in der zweiten Saisonhälfte. Verstappen gewann dabei fünf Rennen hintereinander (Frankreich, Ungarn, Belgien, Niederlande, Italien) und legte so nicht nur den Grundstein für den Weltmeistertitel. Mit seinem Erfolg in Mexiko, dem 14. in der aktuellen WM, ist er nun auch alleiniger Rekordhalter für die meisten Rennsiege in einer Saison und überholte somit Michael Schumacher und Sebastian Vettel. Kratzer bekam seine diesjährige Performance in Brasilien durch das Verweigern einer Stallorder, die seinem Teamkollegen Sergio Perez geholfen hätte.

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Nyck de Vries

Nur die wenigsten Formel-1-Experten hatten den Niederländer für ein potenzielles Cockpit im Jahr 2023 vor dieser Saison auf der Rechnung. Der Formel-E-Champion 2020/21 war ursprünglich als Testfahrer vorgesehen, nutzte mit 27 Jahren seine wohl letzte Chance in der Motorsport-Königsklasse.

Beim Großen Preis von Italien in Monza musste de Vries kurzerhand den erkrankten Alexander Albon ersetzen. Bei seinem Renndebüt in der Formel 1 raste er dabei mit einem unterlegenen Williams sensationell auf Platz neun und sicherte sich so gleich im ersten Grand Prix die ersten Punkte. Wenig überraschend zeigte sich die komplette Königsklasse von dieser Leistung begeistert. Red Bull Motorsportberater Helmut Marko machte Wochen darauf Nägel mit Köpfen und verpflichtete de Vries nach dem Abgang von Pierre Gasly zu Alpine als zweiten Fahrer bei AlphaTauri.

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George Russell

Nicht nur Mercedes-Fans hatten mit ihren Emotionen zu kämpfen, als George Russell beim GP von Sakhir in Bahrain 2020 als Ersatzmann für den positiv auf Covid-19 getesteten Lewis Hamilton lange wie der sichere Sieger aussah, durch Strategiefehler und Reifenproblemen am Ende aber völlig enttäuscht nur Neunter wurde. "Ich hoffe, wir bekommen erneut die Chance", funkte er damals an die Mercedes-Box und sollte hellseherische Fähigkeiten damit beweisen.

Denn in seinem ersten Jahr bei den "Silberpfeilen" stellte der Brite sein Können unter Beweis. An der Seite seines Landsmannes und siebenfachen Champions holte er in seiner ersten Saison mit Mercedes acht Podestplätze, bevor er seine Leistung mit dem Sieg in Brasilien krönte. Der 24-Jährige wird die WM somit vor seinem routinierten Teamkollegen beenden und wird diesen in Zukunft weiterhin fordern.

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USA

Kein Team, kein Fahrer, sondern ein ganzes Land zählt 2022 zu den Gewinnern in der Formel 1. Der Boom in den Vereinigten Staaten hält weiterhin an, was schon der Trend der vergangenen Jahre zeigte. Neben dem Rennen in Austin kam in dieser Saison auch erstmals der GP von Miami hinzu, der bereits jetzt das Nonplusultra in Sachen Luxus, Glamour und Stars zu sein scheint.

Auch sportlich konnte der Kurs rund um das "Hard Rock Stadium" durchaus überzeugen, wenngleich der künstlich angelegte "Yachthafen" für Lacher sorgte. Mit Las Vegas kommt 2023 ein dritter GP in die USA, der direkt durch die legendäre Metropole führt und zeigt, wie viel Potenzial die Formel-1-Verantwortlichen in den Staaten sehen.

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Lando Norris und McLaren

Bereits zum zweiten Mal in Folge trägt Lando Norris in der Formel 1 den inoffiziellen Titel "Best of the rest". Als einziger Fahrer, der nicht den großen Drei (Red Bull, Ferrari, Mercedes) angehört, schnappte sich Norris 2022 in Imola ein Podium. Auch in der Gesamtwertung festigte der 23-Jährige den siebenten Platz frühzeitig ab, hat vor dem letzten Rennen bereits großen Vorsprung auf die Esteban Ocon und Fernando Alonso im Alpine. Er zählt derzeit zu den größten Talenten in der Königsklasse und hofft in Zukunft mit McLaren um Titel zu fahren.

In diesem Jahr war das mit dem MCL36 nicht möglich, dennoch gehören die Briten in diesem Jahr auch zu den Gewinnern. Zwar zog man in der Konstrukteurswertung im Kampf um Platz vier gegen Alpine den Kürzeren, im Sommer gelang McLaren aber ein echter Coup. Mit Oscar Piastri schnappte sich der Traditionsrennstall den von Alpine bereits vorgestellten Nachfolger von Fernando Alonso und sorgte so für großen Ärger beim direkten Konkurrenten.

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Verlierer

Mick Schumacher und Daniel Ricciardo

Seit dem Finale in Abu Dhabi ist endgültig klar: Mick Schumacher wird 2023 nicht für Haas in der Formel 1 fahren und muss somit nach zwei Jahren Königsklasse eine Zwangspause einlegen. Der 23-Jährige agierte vor allem zu Beginn der Saison oftmals zu ungestüm, sorgte so auch für Unfälle und teure Schäden an seinem Haas. Mit Fortlauf der Saison wurde seine Leistung zwar langsam besser, das Verhältnis zu Teamchef Günther Steiner aber nicht. Dieser entschied sich für Nico Hülkenberg als zweiten Piloten neben Kevin Magnussen im Haas und sorgt so vorerst für das Ende der Formel-1-Karriere Schumachers.

Ebenfalls nicht im Fahrerlager wird 2023 Daniel Ricciardo zu sehen sein. Der Australier fand bei McLaren nie wirklich zu sich und seinem Auto, hatte in den vergangenen Jahren trotz eines Sensationssieges kaum überzeugende Auftritte. Letztendlich verständigte sich der britische Rennstall mit dem 33-Jährigen auf die vorzeitige Auflösung seines Vertrages, um Platz für Supertalent Oscar Piastri zu machen. Mit Ricciardo fehlt im nächsten Jahr nicht nur ein achtfacher GP-Sieger, sondern auch ein einzigartiger Charakter in der Formel 1.

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AlphaTauri

So haben sich die Verantwortlichen bei Red Bull die Saison des zweiten Teams sicher nicht vorgestellt. In den vergangenen Jahren immer wieder durch Überraschungserfolge aufgefallen, wollte beim kleinen Bruder des großen Bullen in diesem Jahr so gut wie gar nichts funktionieren. Einem fünften Platz von Pierre Gasly, der kommende Saison für Alpine fährt, stehen beispielsweise fünf Ausfälle von Teamkollege Yuki Tsunoda gegenüber.

Zu unverlässlich war die Kombination aus Auto und Fahrer - vor allem beim Japaner. Im kommenden Jahr muss Tsunoda wohl endgültig liefern, will er seinen Platz in der Formel 1 behalten. Der neunte und somit vorletzte Platz in der Konstrukteurswertung kann ebenfalls nicht der Anspruch sein. Hinzu kommen nach dem Tod von Dietrich Mateschitz auch noch Gerüchte um einen möglichen Verkauf des Teams.

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Ferrari

Eigentlich hatte die Scuderia nach Jahren der Erfolgslosigkeit alle Voraussetzungen für den ersten Weltmeistertitel seit 2007. Eines der stärksten Fahrerduos, mit Charles Leclerc und Carlos Sainz, den zum Saisonstart mit Abstand besten Motor und ein Auto, welches auf jeder Strecke ohne große Probleme zu funktionieren schien.

Für die Probleme sorgten dann ganz andere Akteure bei den Italienern. Zum einen machte sich die Ferrari-Box das Leben selbst schwer, mit eklatanten Strategiefehlern oder völlig verkorksten Boxenstopps. Die große Unzuverlässigkeit in Sachen Antriebseinheit kosteten Titelaspirant Leclerc in Spanien und Aserbaidschan wichtige Punkte, als er seinen F1-75 mit technischem Gebrechen abstellen musste. Generell gab die Scuderia nach Traumstart über die gesamte Saison kein weltmeisterliches Bild mehr ab. Der Vizeweltmeistertitel von Leclerc ist da nur ein schwacher Trost.

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FIA

Neues Jahr, alte Gewohnheiten. Der Weltverband gab auch in dieser Saison ein teilweise katastrophales Bild ab und schloss somit nahtlos an die Weltmeisterschaft 2021 ab, die in Verwirrung und Chaos endete. Bestes Beispiel ist wohl das Agieren in der Budgetaffäre um Red Bull Racing, in dem man sich mit dem schwammig ausgelegten Finanz-Reglement nur wenig Freunde machte, was bei den folgenden Entscheidungen erneut dafür sorgte, dass die Wogen in der Königsklasse hochgingen. Für die einen war die Strafe viel zu hoch, für die anderen logischerweise viel zu niedrig. Diese Suppe hat sich der Weltverband selbst eingebrockt.

Viel eklatanter waren jedoch oftmals die Entscheidungen der Rennleitung bei diversen Auftritten. In Japan kollidierte Pierre Gasly bei Regen beinahe mit einem Bergungsfahrzeug, beim vorletzten Grand Prix in São Paulo vergaß man beim Zurückrunden kurzerhand auf Yuki Tsunoda. Und in Singapur wussten Fahrer und Fans Stunden nach dem Rennen noch immer nicht, wer denn eigentlich GP-Sieger ist.

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Umgangston

Am meisten litt in der abgelaufenen Weltmeisterschaft wohl der Umgangston in der Formel 1, egal ob an den Strecken oder im Internet. Der Boom in der Königsklasse hat nicht nur positive Seiten, wie mehrere Vorfälle in diesem Jahr zeigten. Immer wieder kursierten in den Sozialen Netzwerken Erzählungen über Fans, die Flaggen oder Fanartikel anderer Teams verbrannten und dabei jubelten.

Doch auch die Fahrer bekamen den rauen Umgangston in der Formel 1 zu spüren. Nach Brasilien klagte Weltmeister Verstappen über Hassbriefe und Todesdrohungen gegenüber seiner Familie, in Mexiko wurde Lewis Hamilton ausgebuht. Es sind nur zwei Beispiele, die beweisen, dass es in Zukunft ein Umdenken braucht.