Das Zittern von Perez um den Sieg
Sergio Perez musste fast drei Stunden lang zittern, ob er seinen auf der Strecke errungenen Sieg auch behalten dürfte. Vor beiden Re-Starts hatte er den vorgeschriebenen Maximalabstand von 10 Wagenlängen zum Safety-Car nicht eingehalten – so ein Vergehen kostete vor einigen Jahren schon einmal Sebastian Vettel in Ungarn einen Sieg. Doch der Mexikaner hatte Glück: Die Sportkommissare beließen es für das erste Mal mit einer Verwarnung, weil sie die Erklärung schwieriger Verhältnisse durch Reifentemperaturen und Streckenbedingungen zwar nicht komplett anerkannten, aber zumindest als mildernde Umstände werteten. Die Fünf-Sekunden-Strafe für das zweite Mal, als Perez trotz Warnung der Rennleitung, die über seinen Renningenieur an ihn weiter gegeben wurde, wieder zu viel Luft nach vorne ließ, konnte er verschmerzen: Die 7,5 Sekunden Vorsprung auf der Ziellinie reichten.
Die Patzer der Champions
Zwei Weltmeister erwischten in Singapur nicht ihren besten Tag: Max Verstappen und auch Lewis Hamilton leisteten sich ungewohnte Fehler, landeten so nur auf den Plätzen sieben und neun. Verstappen verpatzte bereits den Start völlig: "Ich habe die Kupplung losgelassen und bin direkt ins Anti-Stall-Programm gefallen. Wir müssen analysieren, warum das passiert ist, denn dadurch habe ich natürlich viele Plätze verloren." Von Rang 12 nach der ersten Runde musste er sich dann mühsam wieder nach vorne kämpfen. Zumindest Platz vier, vielleicht sogar ein Podium, wäre nicht eine Attacke auf Lando Norris völlig schiefgegangen: "Beim Bremsen hat das Auto aufgesetzt und das war’s, ich bin einfach geradeaus durchgerauscht", sagt Verstappen zu seinem spektakulären Verbremser. "Die Vibrationen waren danach zu stark, deswegen musste ich stoppen."
Lewis Hamilton leistete sich einen heftigen Ausrutscher, bei dem er sich den Frontflügel an der Leitplanke beschädigte, einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen musste und damit alle Podestchancen vergab. In der Schlussphase rutschte er im Dreikampf der Weltmeister bei einer Attacke auf Sebastian Vettel nochmals weg, wodurch Verstappen durchschlüpfen konnte. "Nicht mein bester Tag heute", gab der Mercedes-Pilot zu.
Die WM-Rechnung für Suzuka
Max Verstappen hat nach Singapur 104 Punkte Vorsprung auf Charles Leclerc, 106 auf Sergio Perez. Um sich bereits in Japan den Titel zu holen, braucht er dann 112 Punkte Vorsprung – muss also acht Zähler mehr holen als der Ferrari-Pilot, sechs mehr als sein Teamkollege. Bei einem Sieg mit gleichzeitig schnellster Rennrunde wäre er auf jeden Fall Champion, holt er die schnellste Runde nicht, darf Leclerc maximal Dritter werden. Aber auch ein zweiter bis sechster Platz könnten reichen – je nachdem, wo seine beiden anderen Kontrahenten landen ...
Das Rennen der Deutschen
Sebastian Vettel war nach einem Superstart, der ihn von Startplatz 13 gleich auf Rang acht brachte, sehr gut unterwegs, sogar Rang sechs oder sieben schien möglich. Doch dann erfolgte der Wechsel aus Slicks vielleicht eine Runde zu früh, Teamkollege Stroll, der bei seinem späteren Stopp auch noch vom Safety-Car profitierte, war vorbei. Gegen Verstappen konnte sich Vettel dann in der letzten Runde nicht mehr wehren, so blieb es bei Rang acht. Mick Schumacher war im Rennen wieder einmal die meiste Zeit schneller als Teamkollege Kevin Magnussen, Punkte waren auf jeden Fall möglich, ehe ihm George Russell im Mercedes ziemlich unnötig ins Auto fuhr – der folgende Reifenschaden plus Boxenstopp kostete fast eine Minute. "Die trockene Spur war von mir besetzt und er ist in mich reingefahren. Das ist leider eine Lose-Lose-Situation für uns beide, die unser Rennen gekillt hat", ärgerte sich Schumi jr., der so am Ende nur 13. wurde.
Die Fragen an die FIA
Die Entscheidung, den Start um eine Stunde zu verschieben, war nach dem Wolkenbruch kurz zuvor aus Sicherheitsgründen durchaus richtig – auch wenn viele Fans wieder meckerten. Aber es ging darum, das stehende Wasser von der Strecke zu bekommen, und das brauchte einfach eine gewisse Zeit. Auch mit der Entscheidung im Fall Perez können die meisten leben – nicht aber damit, dass es wieder einmal bis fast drei Stunden nach Rennende, zwei Stunden nach der Anhörung des Mexikaners, dauerte, bis das Ergebnis vorlag. Schon lange steht ja die Forderung im Raum, einen Weg zu finden, diese Prozesse zu beschleunigen. Bei der Beurteilung von Kollisionen schien es mal wieder an Konstanz zu fehlen: Nicholas Latifi erhielt nachträglich eine Strafe für seine Aktion gegen Guanyu Zhou, aber George Russell durfte Mick Schumacher ungestraft ins Auto fahren – auch ORF-Experte Alexander Wurz sah diese Aktion eindeutig als Russells Schuld an.
Karin Sturm