Das umstrittene Schleich-Ende vor pfeifenden Tifosi in Monza wird den bevorstehenden nächsten WM-Triumph von Max Verstappen nicht trüben. Anders als bei seinem Premieren-Titel im vergangenen Jahr, als es gegen Lewis Hamilton sehr eng zuging, stößt Verstappen heuer in neue Dimensionen der Dominanz vor. Elf Rennen von 16 hat er gewonnen, die vergangenen fünf in Serie, der Saisonsieg-Rekord wackelt.
"Es ist großartig, was wir mit dem Team erleben. Es ist auch wichtig, das zu genießen", betonte Verstappen, für den die erneute Krönung schon beim kommenden Rennen Anfang Oktober in Singapur möglich ist. "Singapur wäre ein guter Platz zum Feiern. Sicher besser als Suzuka. Aber ich glaube nicht, dass es passiert. Jetzt haben wir zwölf Siege, 13 ist der Rekord und fünf Rennen sind es noch. Wäre schön, wenn wir das auf 14 erhöhen könnten", sagte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko.
Singapur ist ein Rennen mit einer gewissen Tendenz zum Safety-Car-Einsatz. Seit der Premiere 2008 bis zum bis dato letzten Grand Prix dort 2019 musste in jedem Rennen das Safety Car auf die Strecke, insgesamt 17 Mal. Eine Zieldurchfahrt womöglich zum Titel für Verstappen wie am Sonntag in Monza – für Verstappen natürlich unerwünscht. "Die größten Verlierer" seien die Fans gewesen, sagte sein Teamchef Christian Horner: "Wir müssen das schnell angehen."
Das italienische Blatt "Tuttosport" ätzte: "Der GP von Italien wurde zerstört. Chaos Fia. Und wer entschädigt jetzt dafür?" Die Rennleitung habe sich diesmal einfach an die Regeln gehalten, betonte hingegen Mercedes-Teamchef Toto Wolff.
Das war bei der WM-Entscheidung im vergangenen Jahr noch anders gewesen, was die Diskussion um ein zwar unwürdiges, aber sportlich sauberes Finale eines hochemotionalen Rennens im Land der Tifosi befeuert. Damals in Abu Dhabi hatte der später entlassene Rennleiter Michael Masi alles für den Showdown getan: Und Verstappen überholte und entthronte Rekordweltmeister Lewis Hamilton.
In Monza reichte die Zeit nicht zur Bergung des abgestellten McLaren. Dass Daniel Ricciardo einen Gang eingelegt hatte, hatte es erschwert. "Man hätte das Rennen schneller freigeben können für die Show", befand aber Ferrari-Teamchef Mattia Binotto, dessen Star-Pilot Charles Leclerc eigentlich im Siegduell mit Verstappen schon abgeschlagen gewesen war und nur durch die Safety-Car-Phase noch einmal herankam.
Über allem bei der Bergung stand aber die Sicherheit: Die Bilder des Marussia von Jules Bianchi 2014 in Japan unter einem Bergungskran haben sich eigentlich mahnend ins kollektive Formel-1-Gedächtnis eingebrannt. Der Franzose starb im Sommer des darauffolgenden Jahres, zu schwer waren die Verletzungen gewesen.
Und selbst wenn es in Monza zu einer Unterbrechung und einem Re-Start gekommen wäre: "Ich wäre nicht sehr besorgt gewesen", betonte Verstappen. Zu überlegen, zu souverän, zu stark ist er einfach in diesem Jahr. Der Titel 2021 hat den früher auch wild und brachial fahrenden Niederländer erstaunlich reifen lassen.
Neben den fahrerischen Qualitäten des Hochbegabten kommt ein Auto dazu, das mit Verstappen eine unschlagbare Einheit bildet, wie es die Fans zuletzt bei Mercedes mit Hamilton kannten. Kein Wunder also, dass Verstappen nur noch zwei Siege in diesem Jahr vom Saisonrekord von Michael Schumacher und Sebastian Vettel entfernt ist.